Eine Europa-Reise mit der MS Hamburg
Entlang der kroatischen Küste ging es in einer stürmischen Nacht, in der uns die kleine MS Hamburg demonstrierte, was bei einem Schiff stampfen und rollen heißt, nach Montenegro. Das Wetter wird gnädiger. Die See ist noch rauh, aber das Schaukeln lässt im Laufe des Vormittags doch nach. Die Fahrt führt hinein in die Bucht von Kotor, eher ein verzweigtes Netz von Meeresarmen, gerne auch als einziges oder längstes Fjord des Mittelmeeres bezeichnet.

Am Eingang zur Bucht sind Befestigungsanlagen zu sehen, die teilweise noch aus der venezianischen Zeit stammen, als Kotor zur Republik Venedig gehörte. Umfangreicher ausgebaut wurden die Anlagen dann in der Zeit, in der Kotor zur österreichisch-ungarischen k.u.k. Monarchie zählte; es ging darum, die in der Bucht liegenden Marineschiffe zu schützen. Entlang der Ufer liegen dann kleine Orte und Städtchen, auch Ferienanlagen; nach jeder Windung eine neue Szenerie. Umrahmt von zerklüfteten, zum Teil bewaldeten Bergen geht es immer weiter hinein in die immer schmaler werdende und sich verzweigende Bucht.



Noch ist es früh am morgen, der Himmel ist dicht bewölkt, und manches ist im dämmerigen Licht nur schemenhaft zu erkennen. An den Ufern sind kleine Ansiedlungen und Orte zu sehen, aber das Landschaftsbild prägen häufig weit mehr die Ferienanlagen, Wohnbocks, Baustellen, groß wie ganze Dörfer oder die Hochbauten im Rohbauzustand.





Je weiter es auf Kotor zugeht, desto kontrastreicher werden die Ufer. Vielfach sind es noch dichte Wälder, die zu sehen sind, mit vereinzelten Gehöften oder Städtchen. Aber in bevorzugten Lagen zeigt sich eine immer dichter werdende Bebauung an den Ufern, auch mit großen Hotelanlagen. Wir erinnern uns an unsere Fahrt in die Bucht hinein vor etwa 15 Jahren – da dominierte hier noch die Natur, weniger die dichte Bebauung mit immer höheren Gebäuden.




Vor allem waren es damals nicht viele zum Teil bis ins Wasser hineingebaute, nicht zwingend schön und passend anzuschauende große Ferienanlagen, zum Teil sogar mit aufgeschütteten Sandstränden. Auch waren an den Ufern die für die Region kleinen Orte mit den typischen Gebäude mit ihren Steinfassaden auffallend, harmonisch in die Bucht gefügt, weniger die unansehnlichen großen Mehrfamilienhäuser, die eher einfältigen Hotels und Ferienanlagen, aussehend wie überall auf der Welt. Es waren damals auch noch nicht die luxuriösen Villen mit ihren privaten Stränden und eigenem Yachthafen.





Bei einer Ansammlung von Ferienanlagen mit dem Hafen namens Portonovi liegen dann nicht einfach Yachten und Segler, mehr oder weniger luxuriös, sondern auch ein ungewöhnlich aussehendes Schiff – erste Vermutung, es sei ein Forschungsschiff. Aber eine kurze Recherche im Internet liefert die Info, dass es „nur“ die ziemlich futuristische Luxusyacht „Olivia 0“ des israelisch-britischen Milliardärs Ofer ist, die angeblich einen Wert von 200 Mio. Dollar haben soll.





Was zunächst wie das Ende der Bucht aussieht, entpuppt sich als enge Durchfahrt zwischen den Berghängen, in einer Windung hinein in den letzten Abschnitt der Bucht. Gleich nach der Enge liegen auf der Backbordseite zwei sehr kleine Inselchen, beide bebaut mit einer Kirche.

Auf einer künstlichen Insel, die durch das Aufschütten von Steinen und ausgedienten Schiffen entstand, steht die kleine Barockkirche Gospa od Škrpjela, übersetzt „Unsere Liebe Frau vom Felsen“, die hier bereits 1632 gebaut wurde. Wer genügend Zeit hat, kann diese Insel per Boot besuchen. Wir machen diesbezüglich schon aufgrund der Wetterlage keinen Versuch, von Kotor aus da hin zu kommen.

Alljährlich findet hier am 22. Juli noch ein großes Fest statt, die „Fašinada“, bei der geschmückte und mit Steinen beladene Boote zur Insel fahren, um symbolisch die Insel weiter aufzubauen. Auf der anderen kleinen Insel Sveti Đorđe, der St. Georgs-Insel, befindet sich ein Benediktinerkloster aus dem 12. Jahrhundert, umgeben von hohen Zypressen; diese Insel kann man nur vom Schiff aus bewundern. Unsere Fahrt führt an den Inseln vorbei, dann an dem am Ufer liegenden Ort Perast.

Angeschmiegt an den Hang, umgeben von Mauern, die schon von der Ferne sichtbar sind, die sich entlang des Ufers um die Stadt herum und weit auf die Anhöhen hinaufziehen, liegt schließlich Kotor im letzten Winkel des Fjords, massiv, bei wolkenverhangenem Himmel fast düster, wie eine mittelalterliche Festungsanlage. Der Schiffsanleger ist belegt von einem anderen Kreuzfahrtschiff, das von See aus weit mehr auffällt als die Stadt selbst, obwohl es zu den kleineren Schiffen zählt.

Wir liegen weit draußen vor der Stadt; etwa zwanzig Minuten dauert die Fahrt mit dem Tenderboot. Kotor zeigt sich aus der Nähe noch mehr wehrhaft, mit wenigen Toren und Durchlässen, entlang der Stadtmauer Marktnischen, in denen lokale Produkte angeboten werden.


Wir gehen die Stadtmauer entlang, kommen erst dort, wo der Anstieg auf den hinter der Stadt liegenden Berg beginnt, durch das westliche Tor in die Stadt hinein. An der Stadtmauer, direkt beim Tor, geht es vorbei an einem tiefblauen Teich mit sehr klarem Wasser; an der Seite liegt ein kleines Becken, in das anscheinend fortwährend frisches Wasser nachläuft. Eine kurze Recherche ergibt, dass es eine Quelle ist, die aus dem Karstgebirge gespeist wird, und dass diese Quelle in venezianischer Zeit in das Verteidigungssystem der Stadt integriert war – Kotor gehörte ja fast vier Jahrhunderte lang zur Republik Venedig.

Entlang der teilweise zerfallenen Stadtmauer beginnt ein steiler Weg hinauf zu einer weit oben auf dem Berg, noch innerhalb der alten Festungsanlage liegenden kleinen Kirche, die der Gesundheit gewidmet ist – gebaut im 17. Jahrhundert als Dank für das Ende der Pestepedemie. Eigentlich sollte man sich den Aufstieg zur Kirche und die Aussicht auf die Bucht von hoch oben vom Berg nicht entgehen lassen – aber wir ersparen uns bei Regenwetter und schlechter Sicht den beschwerlichen Weg auf 260 Meter Höhe, mit über 1.300 Stufen.





Statt dessen gehen wir lieber eine Weile auf der Stadtmauer, mit Blick in die Altstadt hinein, noch mehr auf das bei der Stadtmauer liegende Schiff, das fast von überall sichtbar ist. Fast fünf Kilometer wären es, wenn man die Stadt umrunden würde; aber wir orientieren uns nach einer viertel Umrundung eher in Richtung Stadtzentrum.




Kreuz und quer geht es durch die engen, mittelalterlichen Gassen, die Straßen zum Zentrum hin immer mehr gesäumt vor allem von Souvenirgeschäften und Restaurants. Beeindruckende Gebäude, ob Wohngebäude oder Kirchen, aber irgendwie mutet alles an wie eine Ansammlung von Geschäften, in denen all das angeboten wird, was man wirklich nicht benötigt.





Wer es noch nicht bemerkt hat, weiß es spätestens jetzt – Kotor wird auch die Stadt der Katzen genannt, von denen unzählige überall in der Stadt zu sehen sind, und noch viel mehr davon in den Souvenirgeschäften, in allen Größen und Farben und Materialien, als Schmusetier, Steindeko, Keramikmonster, Winkekatze, Kühlschrankmagnet oder was auch immer.



Der leichte Regen hat sich mittlerweile zu einem heftigen Regenschauer entwickelt. Wir hangeln uns mehr oder weniger von einer Unterstellmöglichkeit zur anderen, unterhalten uns unter dem Vordach von einem der Restaurants noch mit dem Besitzer, der uns von dieser Katzenplage in mehrerlei Hinsicht erzählt und wenig begeistert ist darüber, dass die Souvenirgeschäfte und Fast Food Läden immer mehr überhand nehmen.

Nur wenige Schritte sind es bis zum Seefahrtsmuseum, aber mehr dürfen auch nicht sein, sonst wäre man vollends durchnässt gewesen. Im Museum eine kleine und feine Sammlung vieler Gegenstände, die irgendwie mit Seefahrt zu tun haben – Sextanten und Fernrohre, Kleidungsstücke, Waffen, interessant auch die historischen Abbildungen der Stadt, oder auch die kleine Standuhr, die im wahrsten Sinne des Wortes als Kunsthandwerk zu bezeichnen ist.



Bei schönem Wetter hätte man noch Zeit in einem der Straßencafés verbracht oder wäre weiter durch die Gassen geschlendert. Aber bei dem Wetter, das wir erleben, hilft nur der schnelle Gang zum Tenderboot, das uns wieder etwa zwanzig Minuten durchs Wasser schaukelt bis zum Schiff. Ein regnerischer Tag, aber schön war er trotzdem.
Tipps für alle, die sich weiter informieren wollen:
– Maritimes Museum Kotor
– Katzenmuseum Kotor
– Informationen über Kotor
– Informationen zum Thema Kreuzfahrten: FT-Freizeit und Touristik GmbH