Eine unglaubliche Sammlung in Münstermaifeld und in Uersfeld, im Ladenmuseum – Teil 5
Noch eine letzte Runde geht es durch das Ladenmuseum in Münstermaifeld und das Nostalgicum in Uersfeld, durch all die Ansammlungen aus dem Alltagsleben, die man sonst so selten findet, und vor allem nicht in solcher Vielfalt. All das, was hier zusammengetragen ist, stammt aus dem Lebensalltag vor allem der 50er- und 60er-Jahre, zeigt anschaulich das Leben, denn all das sind keine typischen Sammlerstücke, sondern wurden im Alltag benutzt.

Spielzeug zeigt an den Abnutzungsspuren, dass Kinder gerne mal damit gespielt haben. Comic-Hefte sind eingerissen, vergilbt und haben Eselsohren, schließlich wurden sie wieder und wieder gelesen und in irgendeine Ecke geworfen. Blechdosen sind ausgegessen, wie es sich gehört. Verpackungen sind aufgerissen, schließlich musste man ja an den Inhalt herankommen. Blechschilder haben Rostflecken oder Zusatzlöcher dort, wo wie angeschraubt waren. Und so weiter. Alles ist so wie es sich eben für ein Museum gehört, das das Leben darstellt.
Um Autos, Motorräder und Tankstellen geht es in den Museen in Uersfeld und in Münstermaifeld. Hinter Schaufenstern ist eine Motorradwerkstatt eingerichtet samt Büro, so ein wenig geht es auch um Autoreparatur. Toll sind die alten Motorräder und Mopeds, die herumstehen.

Das NSU-Motorrad ist der typische Zweisitzer der 50er-Jahre; man erinnert sich daran, wie vorne der Vater, hinten die Mutter, man selbst eingeklemmt zwischen den beiden und vor dem Fahrer der kleine Bruder saß – die besondere sonntägliche „Fahrgemeinschaft“, heute noch so zu sehen in asiatischen und afrikanischen Ländern.





An den Wänden sind einige der alten Werbeblechtafeln mit den damals schicken Fahrzeugen zu sehen, Autos und Motorräder, vor allem diejenigen für den „kleineren Geldbeutel“ – Fahrzeuge mit Stil und Charakter, der Lloyd, der kleine Goggo, der Messerschmidt-Kabinenroller, in dem man hintereinander saß, fehlt eigentlich nur die Isetta von BMW, der Mini-Zweisitzer mit Fronttür. Für die „edle Ausfahrt“ gab es das Motorrad mit Beiwagen, gewissermaßen der Cabrio-Ersatz – manchmal von größeren Familien „missbraucht“ als „Familienkutsche“. Sogar Überreste einer Tankstelle haben sich hier eingefunden.





Die Drogerie war einmal ein kleines Geschäft, keine Supermarkt für alle Lebenslagen. In jedem Ort gab es nicht nur die Apotheke, sondern eben die Drogerie, für all das, was für die Körperpflege, Schönheit und kleinere Wehwehchen erforderlich war.





Seifen und Toilettenpapier, Shampoo und Cremes, Wasch- und Reinigungsmittel, Parfums und nicht apothekenpflichtige Heilmittel, Pflaster, Bräunungsmittel, Hustenbonbons, Papiertaschentücher, Babynahrung und Baby“verhinderer“ – also so etwas wie ein Laden mit Rundumversorgung für alle Lebenslagen.






In der Eisdiele nebenan stehen die altbekannten Kühlbehälter, aus denen es die manchmal sehr künstlich schmeckenden Eissorten mit wohlklingenden Früchtenamen gab; so wirklich nach dem, wie es hieß, schmeckte wohl nur das Schokoladeneis, und das grüne Waldmeistereis dürfte heute noch in der Erinnerung vieler Erwachsener mehr für den Waldmeister-Geschmack stehen als all das, was wirklich den Waldmeister ausmacht. Aber die Eishörnchen, die sahen schon vor siebzig Jahren so aus wie heute, wurden aber weitaus edler aufbewahrt. Erst nach einigem Nachdenken fällt ein, dass das merkwürdige Gerät, das auch hier steht, eine Milchpumpe ist – die stand einmal im Milchladen auf der Theke, und mit ihr wurde aus einem gekühlten Behälter Milch in Milchkannen gepumpt; die wurde offen verkauft. Eis und Milch, auch Käse und Butter gab es beim Spezialisten, nämlich in solchen Milchläden.






Bei den Haushaltswaren hat es noch nicht für einen richtigen eigenen Laden gereicht. Hier findet sich vieles noch in Regalen und Vitrinen. Interessant sind vor allem die vielen Vorläufer-Geräte von heute motorisierten, technisierten, automatisierten Küchenmaschinen, ob für einzelne Vorgänge oder als Allrounder.


Da sieht man den manuell zu bedienenden Sahnebesen, die von Hand zu drehende Nudelmaschine, die Kaffeekanne mit Brühaufsatz, das natürlich mit Muskelkraft zu drehende Handrührgerät, den Konservierer oder den Drehhobel für Gemüsescheiben und -stifte.


Es gibt aber auch Dinge, die sich bis heute gehalten haben und schon damals ziemlich unbrauchbar waren, wie den Schneidering für gleichmäßige Apfel- und Birnenschnitze, den Entsteiner oder das Stechmesser, mit dem versucht wird, das Kerngehäuse von Äpfeln zu entfernen. Auch einige der heute in Haushalten in Vergessenheit geratenen Geräte stehen herum, wie zum Beispiel die Einmachdosen samt zugehörender Technik oder die Plätzchenformer. Bei der weiteren Küchenausstattung fallen die Brotdosen auf, die heute kaum mehr eingesetzt werden, auch der Sauerkrauttopf, in dem selbst Sauerkraut angesetzt wurde, oder der Rumtopf, in dem Obst und Beeren in Rum eingelegt wurden, oder auch der Schmalztopf, der inzwischen ganz in Vergessenheit geraten ist.



Natürlich gibt es im Museum auch die „frühen“ elektrischen Haushaltsgeräte, die vor allem im Elektroladen untergebracht sind, sei es die Kaffeemühle, der Mixer oder die Küchenmaschine für die Herstellung von Teig – aus der nur wenig später mit verschiedenen Aufsätzen das Allzweckgerät zum rühren, schneiden, hobeln und mixen wurde.



In einer Ecke steht noch ein Kohleeimer – schließlich wurde in den 50ern noch fast durchgängig mit Holz und Kohle geheizt, und die Kohle für den Nachschub musste irgendwo „in der guten Stube“ aufbewahrt werden. Auf einem Regal im Museum liegt auch etwas, was kaum noch jemand kennt: Schrankpapier. Es gab ein beschichtetes etwas robusteres Papier, mit dem Ablageflächen in Schränken, in denen Geschirr und Lebensmittel aufbewahrt wurden, ausgelegt wurden, zur Schonung der Schränke – und trotzdem wurde in den Ecken das Papier mit Reißzwecken befestigt. Reißzwecken, das sind für diejenigen, die das nicht mehr kennen, die kleinen nagelartigen Stifte mit großem Kopf, die man von Hand ins Holz drücken konnte, zur Befestigung vor allem von Papier. Das ging damals noch – Schränke waren noch nicht aus Pressplatten mit Plastiküberzug, sondern einfach aus Holz.





Überhaupt, zum Thema Sauberkeit im Haus – die Holz- und Linoleumböden dieser Zeit wurden noch geschrubbt, geölt oder gewachst, gewienert und gebohnert – beides längst vergessene Begriffe, bedeuten einen Boden nach dem wachsen so lange intensiv zu reiben, bis er glänzt. Es gab Bodenwachs; gearbeitet wurde auf den Knien, später mit einer Art „Rubbelmaschine“, dem „Bodenblogger“. Ein heutiger Blogger könnte wohl mit diesem Begriff wenig anfangen – er bearbeitet nicht den Boden, sondern eher sich selbst im Internet. Und damit der so mühsam gepflegte Boden auch geschont wurde, lag vor jeder Tür der Schuhabstreifer, meist eine Kokosmatte.



Da es wie in diesem Museum fast alles gibt, dürfen auch die Regenschirme nicht fehlen, und sei es nur die Werbung dafür. Die Schilder sprechen so für sich, dass in Erinnerung kommt, dass es einmal so etwas wie Schirmläden gab, mit all dem, was bei Regen benötigt wurde. Hier konnten nicht nur Regenschirme gekauft werden, sondern auch Regenbekleidung, ob für den Schulweg oder für die Fahrt auf dem Motorrad, und natürlich auch die Gummistiefel, von denen wirklich jeder, ob Kind oder Erwachsener ein vielgenutztes Paar Zuhause hatte. Kobold und Knirps waren die ganz besonderen Schirme, eine Neuerfindung, bei der die Schirme zum Kleinformat zusammengeklappt werden konnten, auf Handtaschenformat.


Vor allem im Nostalgicum in Uersfeld haben einige Handwerkerläden Einzug gehalten, zum Beispiel ein Schuster. Im Schusterladen wurden Schuhe nicht nur verkauft, sondern zum Teil noch selbst produziert und vor allem repariert. Die meisten Schuhe waren noch Schnürschuhe, und so gab es Schnürsenkel, Schuhcreme, Schuhbürsten und so allerhand für die Schuhpflege, und natürlich auch den Schuhlöffel, schließlich durften die Schuhe an der Ferse nicht „hinuntergetreten“, sondern mussten geschont werden.








In diesem kleinen Schusterladen im Museum ist so ziemlich alles zusammengetragen, was in eine Schusterwerkstatt gehört, Formen und Leisten, feineres Leder für den Schuhaufbau, kräftigeres für die Sohlen, Nadeln und Ahle und vor allem kräftige Garne, um die Schuhe zu nähen. Dazu natürlich die Maschinen, zum nähen, schleifen und polieren.






Aber auch die etwas modernere Zeit ist hier schon ein wenig eingezogen. Die „guten Schuhe“ für die Kinder kamen von Salamander, bereits begleitet von Lurchi, dem Salamander – eine Gummifigur und Hefte mit kleinen illustrierten Comic-Geschichten mit den Abenteuern von Lurchi. Das war ein damals höchst begehrtes Lese- und Sammelobjekt, und für den besonderen Anlass konnte gar eine gebundene Ausgabe erworben werden – gesammelte Abenteuer. Ein paar andere Figuren gab es auch, aber keine war so beliebt wie Lurchi.





Ob Postamt oder Polizeizimmer, Wagnerei, Sattlerei oder Schreinerei, alles erdenkliche findet sich in den Räumen versammelt, weitgehend schön geordnet in Ladengeschäften. Im Postamt fallen nicht nur die alte Schreibmaschine, die Briefmarken und Stempel auf, sondern auch der Sortierkasten für Briefe und Postkarten aus der Zeit, in der es noch keine Postleitzahlen gab, und das Schwämmchen, mit dem die Finger zum leichteren Sortieren der Papierberge befeuchtet werden konnten. Auch fast in Vergessenheit geraten: Die Post war auch bis vor nicht all zu langer Zeit zuständig für das Telefonieren.


Telefon Zuhause – höchst selten; die „Öffentlichen Telefonzellen“ mit ihren Münzautomaten in den Städten und Ortschaften waren auch noch in der gelben Postfarbe gestrichen. Telefonzellen gab es auch im Postamt – oder einfach das Telefon an der Wand oder auf dem Tisch. In der ersten Telefonzeit wurde man da noch vom „Fräulein vom Amt“ mit dem Gesprächspartner vermittelt, später konnte man selbst wählen, nicht mit Tasten, sondern mit der Wählscheibe.


Im noch spärlich eingerichteten Polizeizimmer fällt vor allem die Barriere vor den Schreibtischen auf, und noch mehr das Dienstfahrrad, bei dem richtig praktisch die Aktentasche an der Querstange aufgehängt ist.






In weiteren Räumen, Nischen und Ecken kommt dazu noch eine Ansammlung von allem möglichen, zum Beispiel ein Raum voller Utensilien der Gebirgsjäger, oder eine Arztpraxis mit eher erschreckender Ausstattung, oder auch eine kleine Sammlung zum Thema Fliegen und Reisen, erste Objekte, um ein Reisebüro einzurichten.





Einiges davon macht den Eindruck, dass einfach all das gesammelt wird, was das Alltagsleben veranschaulicht – und wenn dann zu einem Thema einiges zusammengekommen ist, wird ein Laden oder eine Werkstatt draus.
Ein besonderes „Bonbon“ bekamen wir noch zum Abschluss unseres Besuchs im Museum in Münstermaifeld. Der private Sammler, der das alles zusammengetragen hat, lud uns ein, seine neueste Baustelle zu betrachten – oben im Dachboden des Gebäudes entstehen gerade drei weitere neue Ladengeschäfte. Eine Treppe gibt es dort hinauf noch nicht. Wir steigen eine Leiter hoch und schwingen uns in den Dachboden hinein – und stehen mit ihm zusammen vor der Aufbaulandschaft.

Linker Hand entsteht ein Fischgeschäft; die Ladeneinrichtung ist fertig, die Regale werden gerade gefüllt, vor allem mit Dosen und Eimerchen, auf der Theke stehen Waage und Kasse und ein paar Dekoartikel, von der Decke hängen Reusen und Netze. Weiter hinten entsteht noch ein Friseurladen, gegenüber ein weiterer Tante-Emma-Laden.







Wir erfahren, dass diese beiden Läden nicht als Doppelung gedacht sind, sondern um die Sammlung etwas zu entzerren – künftig soll es einen Friseur geben, der die Situation in den 50er-Jahren zeigt und einen, der eher die Situation in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts darstellt, und dasselbe soll es auch beim Tante-Emma-Laden sein. Es gab ja eine Zeit, in der diese Lebensmittelläden auch Kolonialwarenladen geheißen haben; vielleicht kann dies ja auch veranschaulicht werden.



Wir beenden unsere kleine Zeitreise in die Vergangenheit und in die Welt der Erinnerungen. Es gab überraschend viel zu sehen.
Zum Schluss möchten wir als Fazit einfach den Besuch dieser beiden kleinen und in ihrer Wirkung großen Museen in Münstermaifeld und in Uersfeld empfehlen. Wir waren begeistert, das belegt schon, dass gleich fünf Berichte entstanden sind. Beide Museen stellen sich ganz einfach als ein liebenswertes Chaos von vielen Dingen dar, die das Alltagsleben vor vielen Jahrzehnten zeigen, so ein wenig sortiert nach Ladengeschäften und Werkstätten.
All diese Dinge haben ihre Vergangenheit im Alltagsleben – mit ihnen wurde gespielt und gearbeitet. Sie alle haben Gebrauchs- und Verbrauchsspuren, und viele „richtige“ Museen würden wahrscheinlich sehr viel von dem, was hier zusammengetragen ist, nie und nimmer ausstellen. Aber genau dieses Sammelsurium ist es, das die beiden kleinen Museen hier in der Moselregion interessant und charmant macht – es zeigt den Lebensalltag, weckt Erinnerungen und veranschaulicht lebendige Vergangenheit.
(#Deutschland, #Mosel, #Museum, #Handwerk)