Triest – italienischer Flair in österreichischer Kulisse

Eine Europa-Reise mit der MS Hamburg

Endlich einmal in Triest, der Kaffeestadt mit dem unvergleichlichen Mix von italienischer Gegenwart und einer Kulisse aus der Zeit österreichischer Vergangenheit. Es geht auf Kreuzfahrt, von Venedig aus um Europa herum bis nach Hamburg, passenderweise mit der MS Hamburg von Plantours. Der Flug nach Venedig gehört mit zum Reiseangebot, startet am späten Nachmittag, Ankunft am Schiff nach Flug und Transfer leider erst relativ spät am Abend, bei strömendem Regen – also keine Chance, noch einmal in die Stadt zu gehen, obwohl das Schiff tatsächlich noch einen Liegeplatz wie früher hat, ziemlich mitten in der Stadt, direkt am ältesten Kreuzfahrtterminal San Basilio am Giudecca Kanal. Leider ist erst deutlich nach Mitternacht die Abfahrt, vorbei am Markusplatz; davon bekommen wir allerdings nichts mehr mit. Weit geht es nicht, nach Triest.

In Triest liegt das Schiff direkt an der Stadt, am alten Terminal, an dem so ein wenig der Zahn der Zeit nagt, ebenso wie an vielen Hafengebäuden rundum.

Nur wenige hundert Meter Fußweg sind es mitten hinein ins Zentrum, zum Piazza Unità d’Italia, um den herum viele der bedeutenden Palazzos zu bestaunen sind. Wie auch in Venedig ist an unserem Tag in Triest der Himmel dicht mit Wolken verhangen, und kurz nach unserer Ankunft fängt es an zu regnen.

Ein Tag Aufenthalt in Triest – das ist so ein wenig ein sehr schnelles Eintauchen in die Zeit der Habsburger Monarchie, diese aufgefrischt mit italienischem Lebensstil. Über fünfhundert Jahre prägte Österreich die Stadt am Mittelmeer, die Straßen und Plätze der alten Stadt sind gesäumt mit Häusern vor allem aus dem 18. Jahrhundert bis ins beginnende 20. Jahrhundert hinein. Triest war eine der Prachtstädte Österreichs, geprägt durch Maria Theresia und Franz Joseph I. – die Stadt, die Österreichs Zugang zu den Meeren war, somit auch Standort der österreichischen Flotte.

Die Baustile zeigen sich durchgängig in einem wilden Mix durch die Jahrhunderte – eben alles, was im Zeitlauf und dann vor allem in der Zeit des Aufbruchs und der Industrialisierung im 19. Jahrhundert als schön erachtet wurde. Vor allem zeigen sich allenthalben schwülstige Barockanleihen, ob Fassaden, Balkone, Putten, Reliefs oder Säulen. So ein wenig Gotik und Romanik sind zu sehen, auch einige typische Jugendstilgebäude, auch viele Gestaltungselemente, die sich an die Zeit der Römer, teilweise der Griechen, sogar der Ägypter anlehnen.

Beeindruckende Gebäude überall. Wir sind bei strömendem Regen in die Stadt hinein gestartet, haben uns mehr oder weniger von Café zu Café gehangelt. Triest ist die Stadt des Kaffees – hier wird seit Jahrhunderten mit Kaffee gehandelt, Kaffee geröstet und Kaffee getrunken, heute noch dokumentiert durch unzählige Kaffeeröstereien und Cafés. In den kleinen Cafébars, die etwas auf sich halten, werden die Bohnen frisch gemahlen, die kräftigeren Röstungen meist zu Espresso, die leichteren zu vielen anderen Kaffeespezialitäten verarbeitet. Der Espresso, das ist das Getränk, das für den schnellen Genuss an der Theke getrunken wird, zum Thekenpreis, so ziemlich immer 1 Euro, und wenn es ein Decafinato sein soll, sind’s 20 Cent mehr. Wer den Kaffee gemütlich trinken will, setzt sich ins Café, und genießt neben dem Kaffee auch die Aussicht auf diejenigen, die vorbeigehen.

Beim Espresso ist immer ein kleines Glas, groß wie ein Schnapsglas, gefüllt mit dunkler heißer Schokolade dabei, dick und cremig, manchmal dazu noch ein Glas Wasser – eine besondere Kaffee-Tradition in Triest, die Schokolade soll die Kaffeearomen verstärken. Zu beobachten ist, dass diejenigen, die nach „einheimisch“ ausschauen und klingen, das Glas nach dem Espresso austrinken. Wir nippen eher zwischendurch dran. Nach dem Espresso die Schokolade – da wäre aus unserer Sicht der gute Kaffeegeschmack einfach weg.

In einem Schaufenster, an dem wir in der Altstadt vorbeikommen, hängen einige  komplette große Schinken. Das macht neugierig. Drinnen dann der Kontrast – es ist eine ziemlich kleine Gaststätte, in der es wie in einer Wurstküche duftet. Auf der Theke liegen einige Brocken sichtlich heißer, frisch gekochter Fleischbrocken vom Schwein und Würste. Eigentlich sieht der kleine Berg so aus wie ganz früher, als Oma und Opa, die einen Bauernhof hatten, ein Schwein schlachteten und alle fast schon „gierig“ waren auf all das Kesselfleisch. Die wenigen kleinen Tische im Restaurant sind fast alle besetzt, und alle haben unterschiedliche Fleisch- und Wurststücke auf „Gemeinschaftsplatten“ liegen. Eigentlich haben wir keinen Hunger – aber was da geboten wird, das müssen wir probieren. Wir bestellen und sind begeistert, das ist so eine kleine Reise in die Geschmackswelt der Vergangenheit. Zum Fleisch gibt es frisch gehobelten Krenn, also Meerrettich – und insgesamt landet man auf diese Weise auch in der österreichischen Vergangenheit der Stadt Triest.

Natürlich bestaunt man beim Gang durch die Straßen all die Gebäude mit ihrer Stuckkunst. Immer wieder wirft man einen Blick durch die Tore, versucht ein wenig das „Innenleben“ dieser Häuser zu entdecken, was aber fast gar nicht gelingt. Bei den einen steht so etwas wie „Prefektura“ oder „Questura“ dran, also keine Chance reinzukommen, und viele der anderen, in denen sich Ladengeschäfte befinden, sind so modernisiert, dass vom „früheren Leben“ der Häuser nichts oder fast nichts überlebt hat.

Einer der Prachtbauten zeigt sich mit imposanter Fassade und ziemlich abweisendem Eingangstor. Traut man sich trotzdem hineinzugehen, kommt man zumindest in die Vorhalle. Es ist die alte Börse aus den Anfangsjahren des 19. Jahrhunderts, jetzt die Handelskammer, das Türschild weist es auch als österreichisches Honorarkonsulat aus.

Wahrscheinlich kommt man nur deshalb hinein, weil hier ein Stand aufgebaut ist, an dem Kleinigkeiten für eine Wohlfahrtsorganisation verkauft werden. Die Dame, die diesen Stand betreut, ist ziemlich glücklich, dass jemand den Weg hinein findet und ein paar Teile mitnimmt. Interessant ist in dieser nicht ganz kleinen Halle eine Sonnenuhr, die als langer Streifen im Boden eingelassen ist, die Stunden, Tage, Monate und auch Sternzeichen anzeigt, wenn denn die Sonne durch einen genau ausgerichteten senkrechten Schlitz in der Außenmauer in den Raum hineinscheint. Schaut man beim Hinausgehen die Fassade näher an, fällt auch einiges auf, über dem Eingangsbereich, und man sollte sich nicht zu viel dabei denken – im Gebäude war ja mal die Börse, jetzt die Handelskammer und ein Konsulat …

Ein paar Straßen weiter: Ein kleines Cafè mit nur zwei Mini-Tischen und einer Mini-Stehtheke, eigentlich eine Chocolaterie und Patisserie, die Verkaufstheke ebenso wie die Wandverkleidungen eher anmutend wie ein Chorgestühl. Zwei der vier Stühle werden von uns belegt, es gibt Kaffee und Törtchen. Der Herr am Tischchen neben uns spricht uns an, fragt, ob er uns etwas über Triest erzählen dürfe.

Und so erfahren wir einiges über die Habsburgerzeit in Triest, einige Denkmäler, auch über einen überdimensionalen goldenen Taler, der aus unserer Sicht etwas unmotiviert in der Fußgängerzone steht, den wir nicht einmal fotografiert haben, ein Gedenk- und Erinnerungsstück an Maria Theresia. Auch darüber, dass Triest so etwas wie ein Schmelztiegel der Zeiten und Nationen sei, angesiedelt zwischen Italien, Österreich, Slowenien und Kroatien, damit auch zwischen Religionen, und dass viele der Prachtbauten einfach Anlehnungen sind an dasjenige, was in Venedig oder Wien Stil war. Uns hat es dann nicht mehr gewundert, dass die erste Kirche, die wir uns angeschaut hatten, für uns überraschend eine serbisch-orthodoxe war.

So ein wenig staunend schauen wir im Café unseren Tischnachbarn an – und dann zeigt er uns sein Namensschild, das etwas unter seiner Jacke versteckt war. Er ist Maric, ein Gästeführer, der gerade auf seine Reisegruppe wartet. Er meint, dass in dem Cafè La Bomboniera, in dem wir gerade sitzen, auch schon Kaiserin Elisabeth, genannt Sisi, Kaffee getrunken hätte. Auf unsere Frage, wo wir eine Kleinigkeit gut und vor allem typisch essen könnten, schickt er uns zu Pepi – das sei für die Einheimischen so etwas wie eine Institution. Und dann stellt sich heraus, dass das „Kesselfleisch-Restaurant“, das wir zufällig entdeckt hatten, eben genau dieser Pepi ist.

Es geht weiter. Der Kanal mitten in der Stadt, der ein wenig an Venedig erinnert, tritt beim strömendem Regen inzwischen über die Ufer, setzt Fußgängerbereiche unter Wasser. Immer noch lässt der Regen nicht nach. Vorbei geht es am Modemuseum, das bei diesem Wetter gerade passend wäre, aber an unserem Aufenthaltstag geschlossen hat.

Wir steuern in Richtung der kleinen Gässchen der Altstadt, in denen sich noch mehr der Alltag abspielt – die ganz kleinen Kaffeebars, Metzgereien, Bäckereien, kleine Ladengeschäfte mit allerhand, ob Lebensmittel, Antiquitäten, Schmuck oder Schrauben, auch der eine oder andere Handwerker dazwischen.

Bei einer der Metzgereien ist ein Imbiss mit dabei. Die Leute stehen scharenweise auf dem kleinen Platz und futtern irgendetwas. Gleich beim Schaufenster ist ein frischer, ganzer gekochter Schinken aufgebockt; von Hand werden Scheiben runter geschnitten. Kein Pressschinken wie so oft, zusammengesetzt aus kleinen Fleischstücken und beim Kochen zusammengehalten von einem Plastikschlauch, sondern ein ganzer gekochter Hinterschinken, am Knochen. Da zeigt sich Qualität. Und auch ohne Hunger will man einfach probieren. Also eingekauft, ein paar Scheiben davon, und auf Empfehlung des Metzgers noch ein paar hauchdünn geschnittene Scheiben Entrecote, das er als Rinderrauchfleisch verarbeitet hat.  

Inzwischen regnet es nicht nur in Strömen, es ist ein Platschregen geworden; die dicken Regentropfen springen in den Wasserpfützen richtig in die Höhe. Wir versuchen, möglichst schnell von einem zum nächsten kleinen Vordach eines Ladengeschäftes zu kommen – und betrachten manches Schaufenster mit Auslagen, die wir uns sonst nie angesehen hätten. In den Schuhen steht das Wasser. Selbst die Regenjacke hält nichts mehr ab, ist durchfeuchtet. Es geht zurück zum Schiff, umziehen, Pause einlegen.

Tatsächlich hört es auf zu regnen, die Sonne verwöhnt uns etwas, zeitweilig ist gar blauer Himmel zu sehen. Also nochmals hinaus, quer durch die Altstadt, durch die engen Gassen. Hier hat sich der Tourismus noch nicht so sehr durchgesetzt, hier wird noch Alltag gelebt. Kleine Geschäfte, Wäscheleinen über der Straße, immer wieder ein paar Mauerreste und Säulen aus römischer Zeit, auch das Teatro Romano.

Oben auf dem Hügel dann die Marienkirche, ein beeindruckendes Bauwerk, reich ausgeschmückt und ausgemalt, die Kreuze noch vorösterlich mit lila Tüchern verhangen.

Leider nehmen wir viele der kleinen Dinge nur wenig war, haben auch keine Zeit mehr für die Kathedrale San Giusto und das Castello, es ist alles zu hektisch, wir müssen zurück zum Schiff, es soll weitergehen. Wieder am Hafen entlang, durch den alten Terminal hindurch.

Zurück auf dem Schiff kommt dann noch eine Enttäuschung – wir fahren wegen der Wetterbedingungen nicht nach Šibenik, und auch nicht nach Hvar und Korčula. Darauf hatten wir uns ziemlich gefreut; Info war, dass dort wegen Sturm weder angelegt noch getendert werden könne. Daher ginge es jetzt auf „Langstrecke“, vorbei an Kroatien, bis nach Montenegro, nach Kotor. Schade, drei der ungewöhnlichen Ziele, wegen derer man ja die Kreuzfahrt gemacht hat, ausgefallen.

Ablegemanöver. Es geht weiter mit der MS Hamburg. Im Abendlicht zeigt sich Triest noch einmal von einer schönen Seite.

Tipps für alle, die sich weiter informieren wollen:
Da Pepi Buffet, das „Kesselfleisch“-Restaurant
– Historisches Café und Pasticceria La Bomboniera, Via Trenta Ottobre, 3, 34122 Trieste TS
– Marienkirche Santa Maria Maggiore, hier kann man auch Katakomben besichtigen
Teatro Romano Triest
– Modemuseum ITS Arcademy Museum of Art in Fashion
Serbisch-orthodoxe Kirche Triest
– Handelskammer Triest mit der Sonnenuhr

Kathedrale San Giusto
Castello di San Giusto

– Informationen zum Thema Kreuzfahrten: FT-Freizeit und Touristik GmbH



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