Nordsee-Reise mit der MS Deutschland – Bericht 4
Blauer Himmel, kalt und sehr windig, so präsentiert sich Bergen schon am frühen Morgen bei der Hafeneinfahrt. Nach Umrundung einiger Schären und Inseln kommen wir mit der MS Deutschland in der sogenannten heimlichen Hauptstadt Norwegens an.

Die im weitläufigen Hafen liegenden recht kleinen Kreuzfahrtschiffe von Havila und Viking fallen neben den riesigen Fischtrawlern, die die Hafenanlagen geradezu füllen, kaum auf. Angelegt wird in Bergen wie immer bei der Festung Bergenhus.

Der Weg vorbei am alten Hanseviertel Bryggen, dessen Ursprünge bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen, bis hinein in die Stadt, ist nicht weit. Vorbei geht es an einigen Fischtrawlern, mit ihren riesigen Ladeflächen und Kränen, und allen erdenklichen Aufbauten und Röhrensystemen, mit denen der Fang auf dem Schiff sortiert und der Aufbewahrung im Schiffsrumpf zugeführt wird.






Gerade fährt noch die MS Lofoten, bis vor kurzem ältestes Schiff der Hurtigruten, nunmehr das Schulungsschiff der maritimen Hochschule der Stiftung Sørlandet, in den Hafen ein – ein Schiffsklassiker, gebaut 1964, und immer noch unterwegs.

Schnell ist man am Fischmarkt angekommen, inmitten der Stadt. Hier wird gerade noch aufgebaut, auch ein kleiner Markt mit anderen lokalen Anbietern – nicht nur Fisch und allerhand Meeresgetier, sondern auch Schinken und Würste, vor allem Lamm und Rentier, Käse und Milch, Honig, Gemüse.





Angepeilt wird von uns zunächst einmal das einst ziemlich alternative Viertel, direkt beim Hafen, früher noch mit einer bunten Mischung aus Handwerkern, kleinen Cafés und Restaurants, etwas studentisch scheinender Szene, in recht alten, oft renovierungsbedürftigen Gebäuden, voller Graffitis, manchmal Schmierereien, aber oft sehr gekonnt. Auf dem Weg dorthin begegnen uns noch ein paar Überbleibsel aus der Graffiti-Zeit, die wir noch von früheren Aufenthalten kennen, dazu ein auffallendes Neues – Corona, irgendwie symbolisch das Drumherum, die Tür mit der Aufschrift „Sprinkler Stop-Ventil“ oder die Tür, die ins Nichts führt.





Alle paar Jahre waren wir in Bergen, und immer mehr Wandel zeigte sich hier. Inzwischen sind die Handwerker samt den Graffitis fast komplett verschwunden, die Häuser renoviert, haben eher schicke Cafés und Restaurants Einzug gehalten, und natürlich all das, was der Tourist meint zu brauchen, Donuts, Pancakes, Pralinen und Eis. Nur zwischendrin ist mal noch ein altbekanntes alternatives Café zu entdecken.
Es ist noch frisch am Morgen, als wir unterwegs sind. Fast alles hat noch geschlossen, einen Kaffee gibt’s nur in einem ziemlich edlen Schokoladengeschäft. Was solls – überraschenderweise wird es ein netter Einstieg in den Tag.



Die junge, fröhliche Frau, die den Laden namens Fjåk Sjokolade managt, macht nicht nur Kaffee, sondern preist auch ihre Schokoladen an, die in einer Manufaktur irgendwo in einem der Fjorde produziert werden. Vor allem eine neue Kreation, mit Käse, dunklem Geitost, einem der heftigsten und ungewöhnlichsten Käse, mehr als intensiv, nicht nur für Norweger. Lange gelagerter Ziegenkäse mit Caramel hergestellt. Uns graust. So einen Käse hatten wir vor vielen Jahrzehnten, noch als Studenten, einmal in Norwegen gekauft – wollten das braun-schwarze, in Folie verschweißte Ding probieren. Der Geruch nach Öffnen der Verpackung – so intensiv, dass wir das Stück Käse im Weitwurf im See versenkten, an dem wir unser Zelt aufgeschlagen hatten, so ein wenig mit Hoffnung, dass die Fische das so aromatisierte Seewasser überleben würden. Nun also ein solcher Käse in der Schokolade …


Irgendetwas kaufen wollten wir im Geschäft, es war ja wirklich ein Spaß, sich dort mit derjenigen, die überzeugt von ihrer Schokolade ist, zu unterhalten. Aber was? Irgendwie kam die Idee einer Blindverkostung auf. Wir bremsten aus, das Teller sollte mit ganz viel Schokolade vollgepackt werden. Nur vier Sorten, diejenigen, die sie als ihre Lieblingssorten ansah. Alles schmeckt bei der Probe ziemlich unterschiedlich, und es ist nicht einfach herauszubekommen, was den Unterschied ausmacht – im Ergebnis eine Sorte, dunkel, mit Heidelbeeren drin, auf Platz vier, dann auf Plätzen zwei und drei zwei Sorten, etwas grober aufbereitet, waren eigentlich identische Schokoladen mit sehr hohem Kakaoanteil, nur aus unterschiedlichen Anbaugebieten, und dann unser Favorit, ein intensiv schokoladiger Geschmack, cremig, ein wenig befremdlich, aber richtig gut. Oh Schreck – der Geitost. So viel zum Thema Geschmack. Eine Tafel gekauft, nicht zum selbst essen, sondern zum Verschenken an denjenigen, mit dem damals der Käse im See versenkt wurde. Die Rechnung für die 80-Gramm-Tafel dann die nächste Überraschung, kostete knapp 10 Euro – so viel zum Thema Preise in Norwegen.

Hinaus aus dem Trubel führt uns unser Weg die Hänge hoch, durch enge steile Gassen des alten Wohngebiets von Bergen bis in ziemliche Höhen. Entlang der schmalen Straßen stehen durchwegs die typischen, weiß- oder pastellfarbigen, holzverkleideten Häuser.




Je höher man den Hang hinauf kommt, desto häufiger sind kleine Gärten zu sehen; an geschützten Stellen stehen bereits die Apfelbäume in voller Blüte.

Weiter oben angekommen hat man immer wieder zwischen den Häusern hindurch eine herrliche Sicht über das Stadtgebiet hinweg.

Im „neuen“ Bergen gefällt vor allem der zentrale Park, inmitten der See Lille Lungegårdsvannet. Am See blühen die Bäume, um den See herum führen Spazierwege, hier liegen Cafés und Restaurants, auch die wichtigsten Museen, wie die Bergen Kunsthall, das Kode Kunstmuseum oder das Rasmus Meyer Museum. In den Museen waren wir das letzte Mal, als wir Bergen besuchten.



Eher angesagt ist noch ein wenig schlendern durch die Innenstadt, mit so ein paar Entdeckungen, wie eine ziemlich militärisch aussehende Trommlerparade auf dem Festplatz am See, oder der Katzenrucksack, oder der Straßendrache. Ganz unterhaltsam sind die Spiegelungen bei einem kleinen Essen im feinen kleinen Literaturcafè, dem Colonialen Litteraturhuset; zu Mittag gibt’s Fischsuppe und Muscheln.





Über das Brygge-Viertel, das so etwas wie die Postkartenansicht von Bergen darstellt, geht’s zurück zum Schiff. Bryggen, das ist das alte Stadtviertel am Hafen, das heute noch so aussieht wie im 12. Jahrhundert, obwohl es Anfang des 18. Jahrhunderts durch einen Großbrand ziemlich zerstört und schon damals im alten Stil wieder aufgebaut wurde. Hier schlendern wir noch ein wenig durch die engen Gassen zwischen den alten, mehretagigen Handelshäusern, genießen noch die Sonnenstrahlen im Außenbereich eines kleinen Cafès, das mittendrin im Viertel liegt.



Heimreise. Es war der letzte Tag unserer Norwegenreise. Wir verabschieden uns aus Bergen, fahren bei schönstem Sonnenschein hinaus aus dem Fjord, vorbei an vielen kleinen Schäreninsteln.




Noch ein Seetag auf der MS Deutschland, dann werden wir wieder in Bremerhaven ankommen.

Tipps für alle, die sich weiter informieren wollen:
– Phoenixreisen und die MS Deutschland
– Bericht über die MS Deutschland
– Informationen über Bergen
– der Schokoladenladen Fjåk Sjokolade samt Internet-Shop
– Kunst im Rasmus Meyer Museum
– die Bergen Kunsthall
– Informationen über norwegischen Braunkäse
– der Fischmarkt in Bergen
– die Festung Bergenhus
– nett sitzen und gut essen im Colonialen Litteraturhuset
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