Kontraste: Dubai, Oman, Indien – Reisebericht 11
Inzwischen haben wir die Stadt Kochi verlassen, in Richtung der Backwaters.
Während zwei Stunden Fahrt sehen wir entlang der Strecke kaum ein ungenutztes Plätzchen am Straßenrand. Häuser, Kirchen, Busstationen, Werkstätten, Verkaufsstände, Abstellplätze für Mopeds und Fahrräder, Holzlager, kleine Gärtnereien, christliche Kirchen und Moscheen, allesamt für uns herrlich kitschig anzuschauen, Teppichhändler, Getränkestände, an denen frisch gepresster Zuckerrohrsaft oder frisch geöffnete Kokosnüsse angeboten werden, alles links und rechts der Straße. Mehr als auffällig unglaublich viel Plastikmüll, der die Straße wie ein weißer Streifen säumt. Ist mal anderer Müll dabei, sorgt irgend ein Tier für die Entsorgung, manchmal auch eine heilige Kuh. Zwischen den Ständen und Häusern alles auch eher unaufgeräumt und oft für unsere Augen chaotisch und schmutzig.
Plötzlich geht ein Raunen durch den Bus. Ich (Lydia) schaue aus dem Fenster und blicke direkt ins Auge eines Elefanten. Die Augen gerieben – ist das die Wirklichkeit? Ja. Unser Bus überholt gerade einen Lastwagen, der einen ausgewachsenen indischen Elefanten auf der Ladefläche spazieren fährt. Da kann man schon mal verwundert die Augen reiben und sich ein wenig ärgern, dass man nicht schnell genug am Foto-Auslöser war.
Das endlose Band an immer neuen Eindrücken entlang der Straße, verbunden mit dem Bemühen, gute Bilder aus dem Bus heraus zu machen, sorgt für Anspannung. Man kann sich nicht sattsehen an dieser unbekannten Welt, in die man sich gar nicht so richtig hineindenken kann. Unserem Guide stelle ich (Lydia) viele Fragen. Er beantwortet sie auch, kaum verständlich, da er ein recht unverständliches Englisch spricht, und er sucht solange den Blickkontakt und so versäume ich alles, was sich auf der Straße draußen tut. Also keine Fragen mehr.
Nach einer endlos scheinenden Fahrt ändert sich die Landschaft. Wir kommen vorbei an Wasserläufen, oft dicht mit Pflanzen bewachsen, danach links und rechts Reisfelder, immer mal wieder dazwischen Palmen. Dann kommen wir irgendwo im Niemandsland an – die Anlegestelle der Backwater-Boote. Viele Busse von „Mein Schiff“ stehen schon da, dazu eine endlose Karawane von Menschen, die in eine Richtung laufen. Wir gehen unserem Guide nach, Richtung Boote, halten kurz vor einem kleinen „Laden“ an. Draußen hängen schöne kleine Bananen an einer Staude. Wäre jetzt nicht schlecht. Unser Guide meint: Zehn Bananen ein Dollar. Wir geben eine Runde Bananen aus, an alle, die rundherum stehen. Es geht weiter und wir erblicken hinter der Kurve nicht gerade wenige Hausboote, die uns durch die Kanäle schippern sollen.
Nach einigem hin und her ist endlich klar, welches der Boote für uns gedacht ist. Wir haben Glück – es ist nicht wie im Programm angekündigt ein doppelstöckiges Ausflugsboot, sondern eines der „klassischen“ Boote, der „Restesammler“ für diejenigen, die noch nicht in einem anderen Boot untergebracht sind. Nur etwas mehr als 10 Personen an Bord, viel Platz, gute Aussicht. Vorne im Bug sind die Sitzgelegenheiten im Freien, Bänke, ein paar Sessel, ein Tisch mit Stühlen. Ich (Bernd) schaue mich noch etwas um, stelle fest, dass es sogar Übernachtungsmöglichkeiten gäbe, drei recht komfortable Doppelzimmer, sogar mit Badezimmer. Im Heck die Küche, für indische Verhältnisse gut sortiert und gepflegt, aber doch ein wenig abenteuerlich, uralt und reinigungsbedürftig. Unwillkürlich wirft man einen Blick auf die betagten Gaskocher, die an ebenso betagten Leitungen hängen. Ein junger Koch brät und bruzzelt etwas in den Pfannen, ein paar Töpfe dampfen vor sich hin. Ich bekomme mit, dass wir irgendwann später etwas zum Essen bekommen sollen – darf auch in die Töpfe schauen, Fisch, Hühnerteile, Reis, Gemüse.
Nun geht es los – die Bootsfahrt durch die Backwaters von Alleppey. Am Anfang fahren die Schiffe fast im Konvoi, aber das verteilt sich schnell im weitläufigen System von Wasserwegen, die zum Teil unter dem Meeresspiegel liegen. Viele Seen, knapp dreißig, über vierzig Flüsse und unzählige Kanäle, alles ineinander verwoben. Insgesamt sollen es etwa 1500 km Wasserwege sein; das Ganze mündet ein ins arabische Meer. Die Kanäle wurden angelegt zur Bewässerung und Entwässerung des Gebiets, so dass vor allem Reis und Kokospalmen angebaut werden konnten, und als Transportwege für die Ernte. Entstanden ist dies alles weitgehend während der englischen Kolonialzeit, vor etwa 80 Jahren, wie unser Guide erzählt.
Mit dem Schiff geht es durch das mit Wasserhyazinthen überzogene Wasser, das am Ufer von üppigem Grün gesäumt wird. Immer wieder sehen wir Vögel, auf kleinen Inselchen, in den Bäumen oder auf Baumpfosten stehend, Kormorane und Reiher glauben wir erkennen zu können. Am Ufer stehen die unterschiedlichsten Bäume, vor allem natürlich Kokospalmen, aber auch Mangobäume, Jackfruitbäume, Avocadobäume, Bananenstauden, Papayabäume, Cashew-Bäume – Pflanzen, die vor allem von den Portugiesen aus Südamerika und Indonesien mitgebracht wurden.
So viel für heute – im nächsten Reisebericht wird es noch einmal um die Backwaters gehen, vor allem um die Menschen am Fluss und an den Kanälen.
Beste Grüße
Lydia Häufele und Bernd Jans
Die Backwaters haben mir besonders gut gefallen. Alles war sehr ruhig, friedlich, im Einklang mit der Natur und das Dorf, das wir besuchten, mit seinen Kanälen und Brücken schien schon fast paradiesisch.
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