Kochi – Erlebnisse in den Backwaters

Kontraste: Dubai, Oman, Indien – Reisebericht 12

Unser Boot gleitet ruhig durch die Backwaters. Es geht vorbei an kleinen Dörfern, vereinzelten Häusern, meist einfachere Bauten, dazwischen auch mal kleine Villen, dann immer wieder eine Kirche oder ein Tempel. An den Häusern immer große Gärten, alles unter Schatten spendenden Bäumen – nicht unwichtig, zeigte zum Beispiel an unserem Tag in den Backwaters bei Sonne und Bewölkung das Thermometer immerhin 37 Grad. Am Ufer verschiedenste Bepflanzungen, viele Kokospalmen, Mangobäume, die eine oder andere kleine Bananenplantage. Dahinter weite Reisfelder.

Am Kanal entlang beobachten wir ein reges Leben. Frauen im Garten, beim Waschen im Fluss, beim Kochen und Geschirrspülen, bei der Gartenarbeit. Männer beim Fischen, an den Fährbooten oder in Verkaufsständen. Kinder beim Spielen, oder auch beim Fischen. Oder einfach auch kleine Gruppen, die beieinander stehen und sich unterhalten, oder Spaziergänger. Es ist ja Sonntag; viele sind festlich gekleidet.

Überall sieht man eine herrliche, für uns ungewöhnliche Farbenfreudigkeit. Zu den vielen Grüntönen der Natur gesellen sich rosa, lila, weiß, grün, gelb oder himmelblau angemalte Häuser, natürlich immer in kräftigen Farben. Dazu die intensiven Farben der Kleidung, vor allem bei den Frauen.

Von unserem Guide erfahren wir, dass seit einiger Zeit fast alle Häuser an die Trinkwasserversorgung angeschossen seien. Wohlgemerkt Trinkwasser – nur das Wasser, das getrunken wird. Für alles andere gibt es die Flüsse und Kanäle.

Unser Guide erzählt vieles – und ich (Bernd) frage ihn immer etwas. Nicht immer ganz einfach, ihn zu verstehen, und sicherlich gehen viele Informationen an mir vorbei. Irgendwann spricht mich ein älterer Herr aus unserer kleinen Gruppe an und meint, er würde gar nichts verstehen, und plötzlich ist es fast die ganze Gruppe, die das rückmeldet. Unversehens werde ich gebeten, zu übersetzen. Kein einfaches Unterfangen. Nachdem ich unserem Guide schmunzelnd gesagt habe, dass er es sicher nicht einfach hat, mein deutsches Englisch zu verstehen, so wie es für mich auch nicht ganz einfach sei, sein indisches Englisch zu verstehen, klappt es einigermaßen.

Zeit, etwas über unser Boot zu erfahren. Etwa 15 Meter lang sei es, und wir würden etwa 5 Knoten fahren, meint unser Guide. Der Name für diese Schiffe sei Kettuvalam. Alle diese ungewöhnlich ausschauenden Schiffe hätten große Tradition; es seien alte Lastkähne, besonders konstruiert, ohne einen einzigen Metallnagel gebaut. Über Jahrzehnte seien es die Lastkähne gewesen, mit denen alles, was in den Backwaters geerntet wurde, zum Hafen transportiert worden sei. Fast wären diese Schiffe aus den Backwaters verschwunden, da der Transport auf die Straßen verlegt wurde – aber dann wären sie für den Tourismus wiederentdeckt worden. Die Aufbauten aus Kokos wurden auf die Kähne gesetzt, und dann wurden sie im Tourismus eingesetzt.

Unterwegs sehen wir noch einen anderen Bootstyp – ein unendlich lang aussehender Einbaum, an der Uferböschung im Gestrüpp abgestellt. Unser Guide erzählt, dass solche Boote alljährlich bei einem Fest eingesetzt werden. Auf dem Boot hätten einhundert Ruderer Platz (wobei ich jetzt nicht weiss, ob 100 nicht einfach die indisch-englische Zahl für „sehr viele“ ist), und mit diesen Booten würde bei dem Fest ein Wettstreit zwischen den Dörfern ausgetragen.

Hier leben die Menschen am Fluss bzw. dem Kanal und auf dem Fluss, wie man allenthalben spürt. Am Fluss die Häuser und Dörfer, am Ufer die Menschen, die das Wasser nutzen, und auch auf dem Fluss immer wieder Begegnungen – nicht nur andere Ausflugsboote, sondern Fährboote, mit denen vom einen Ufer ans andere übergesetzt wird, oder zu unserer Überraschung ein Hochzeitsboot: Ein mit Reisgras ausgeschmücktes Kanu mit einem jungen Paar, weiß gekleidet, der Mann am Ruder, die Frau an ihn gelehnt. Unser Guide meint, das sei Brauch nach einer Vermählung.
Wir fahren vorbei an blühenden Hyazinthen. Dann an der Uferböschung ein wildes Geschnatter: Unzählige Enten am Ufer und im Wasser, eine Entenfarm – an den Ufern der Backwaters werden auch Enten gezüchtet, wird uns berichtet.

Essenszeit. Es wird angerichtet. Fast alle trauen sich, etwas zu probieren; der Koch versichert, dass das Essen etwas für Europäer angepasst sei, nicht so „hot“ wie Inder es gerne essen würden. Es gibt gebratenen Fisch, ein Curry mit Huhn, aromatisierten Reis, verschiedene Gemüse. In einem der Töpfe entdecken wir auch die Drum Sticks, die wir auf einem der Gemüsetische bei den Sanyasins in Mumbai gesehen hatten. Neugierig gekostet – aber die anderen Gemüsesorten waren für unseren Geschmackssinn einfach leckerer. Diese grünen Drum Sticks waren einfach zäh und faserig, das hätten auch ausgekochte Drum Sticks eines Drummers sein können, nur mit ein wenig mehr Farbe. Sollen aber gesund sein, die Dinger … Aber insgesamt: Ein leckeres Essen, sicher so gekocht, dass es ein Europäer auf Ausflug in Indien als indisches Essen wahrnehmen konnte.

Immer weiter geht es durch die Kanäle, vorbei an Menschen, die weit geschäftiger sind als wir in unserem Ausflugsboot. Noch ein kurzer Halt in einem kleinen Dorf mit kleinen verwinkelten Gassen und einer unübersehbar großen christlichen Kirche. Dann geht es zurück mit dem Boot zum Ausgangspunkt.

Die Rückfahrt zum Schiff: Fast noch so etwas wie ein Abenteuer. Der indische Bus-Fahrer fährt, was das Fahrzeug bringt. Eine solche Beschleunigung hätte man dem Fahrzeug nicht zugetraut, auch nicht so gut greifende, laut quietschende Bremsen. Er will die halbe Stunde aufholen, die unsere Bootsfahrt anscheinend zu lange gedauert hat. Nach unserem Tag in Mumbai hätten wir nicht gedacht, dass man bei so dichtem Verkehr – nicht nur die Autos, sondern auch die Mopeds, Busse, Fußgänger, und alle irgendwie durcheinander – das alles noch toppen könnte. Die Frage beantwortet sich von selbst: Ja, es ist möglich, mit unserer Rückfahrt zum Schiff ist es bewiesen.

Unterwegs Fotos zu machen, kaum möglich. Ein paar wenige Schnappschüsse gelingen bei der Geschwindigkeit doch. Zum Beispiel von einer Straßenbaustelle – auf ein paar Kilometern Strecke wird die Straße verbreitert, mit wenigen Maschinen, dafür mehr Menschenkraft. Junge Frauen und Männer tragen Steine und Sand, verlegen Pflastersteine, graben Böschungen ab. Das Erstaunliche: Alle sind anscheinend gut gelaunt, lachen, unterhalten sich, und schleppen Lasten in großen Körben, die irgendwie nicht zu den kleinen schmalen Körpern passen möchte, und die man sich selbst so nie und nimmer zutrauen würde.

Unser Tag in Kochi ist zu Ende. Wir hätten Spaß daran gehabt, noch viel mehr zu entdecken – aber jetzt freuen wir uns auf unsere nächste Station. Es geht nach Goa.

Bis demnächst beste Grüße
Lydia Häufele und Bernd Jans

(#Indien, #Kochi)

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