Sète – Südfrankreich zum genießen

Selten im Programm der Kreuzfahrer – der Hafen von Sète. Obwohl Stadt und Umgebung viel zu bieten haben. Die Stadt durchzogen von kleinen und großen Kanälen und Hafenbecken, entlang derer sich die typischen charmanten südfranzösischen Häuser reihen, viele davon noch mit sehr alten Fassaden. In der Nähe dann der Binnensee Étang de Thau mit den Austern- und Muschelbänken, viele Weingüter oder in Marseillan die Produktion des Noilly Prat.

Sete Ufer

Frühmorgens kommen wir mit dem Kreuzfahrtschiff an, der Oceania Sirena. Wir wandern quer durch das Städtchen, um zum Autoverleih zu kommen – wir wollen auch in die Umgebung kommen. Zufällig entdecken wir eine kleine Straße voller Graffitis, darunter einige richtig fröhliche, wie von Kinderhand bemalt. Wir fotografieren – und erfahren dann von einer Anwohnerin, dass im Ort eine Künstleraktion stattgefunden habe, bei der Kinder zusammen mit Künstlern zum Beispiel diese Straße bemalen durften, ob Tore, Häuser oder auch den Straßenbelag.

Vorbei am Straßenmarkt (auf dem wir uns nicht verkneifen konnten, eine der knusprigen frischen Ocreillettes zu probieren, ein dünnes Fladengebäck, typisch eigentlich für die Pyrenäen) kommen wir zu einer lokalen Verleihstation, bei der wir das günstigste Auto bekommen, das wir je gemietet haben: Einen nagelneuen Renault Twingo, für gerade mal 19 Euro am Tag.

Orcreilletes

Nebenbei: Auf dem Markt gab es auch einen Händler, der hölzerne Verstärker für Mobiltelefone anbot – ausprobiert, Handy reingesteckt, funktioniert tatsächlich, wie ein Hörrohr. Direkt beim Markt auch eine kleine handwerkliche Bäckerei, in der Giuletta hergestellt wurden, eine Spezialität aus Sete – ein Brotteig in einer Kuchenform, mit unterschiedlichstem Belag, ob Sardellen, Gemüse oder Hackfleischmasse, offen oder mit einem Brotteigdeckel geschlossen gebacken.

Es geht los, Richtung Etang de Thau. Bei der Fahrt über eine kleine Anhöhe sehen wir, wie dieser See ganz nahe am Mittelmeer liegt, und doch über einen natürlichen Damm davon abgegrenzt ist. Leider ist die Sicht nicht sonderlich gut, aber trotzdem sind im See die Anlagen der Muschel- und Austernzüchter gut zu erkennen. Von der Hauptstraße abgebogen auf einen kleinen Nebenweg reihen sie sich dann auf, die kleinen Produktionsbetriebe, oft mit Möglichkeit zur Verkostung oder kleinem Restaurant. Wir besichtigen einen solchen Betrieb, sehen wie die Austern vom Boot aus entladen werden, schauen kurz in die Schwimmbecken mit unzähligen Austern, die hier gereinigt werden.

Ein junger Mitarbeiter sortiert Jung-Austern nach Größe in Metallkörbe, die nur zu etwa einem Drittel befüllt und dann zum weiterwachsen in den See ausgesetzt werden. Er klopft auf jede der Austern – und erklärt uns dann am Klang, welche davon gut bzw. nicht mehr gut ist, und sortiert entsprechend aus. Und dann essen wir gleich nebenan, was da frisch aus dem Wasser kommt. Natürlich Austern, diese frisch und roh und gut, und Muscheln, diese auf eine etwas neumodische Art auf dem Grill zubereitet, nicht ganz so lecker.

Weil es zum einen lecker war, zum anderen doch nicht so, noch ein weiterer Versuch, jetzt in Méze. Einen Topf Muscheln im Sud, und eine Muschel- und Schneckenplatte – natürlich kalt und weitgehend roh, so wie es sich gehört. So eine Art Muschelprobe. Viele davon wirklich gut, bei anderen war es eher nett, sie einmal probiert zu haben …

Meze Hafen

Von Méze geht es nach Marseillan, beides nette, freundliche, farbenfrohe Küstenstädtchen. In Marseillan wartet etwa besonderes: die Fabrikation von Noilly Prat. Bei uns so richtig bekannt nur in der gehobeneren Gastronomie, in der Noilly Prat, eine Art Wermut, vor allem zum abschmecken von Saucen eingesetzt wird. Noilly Prat ist ein Getränk mit besonderer Geschichte – die man hier in Marseillan so ein wenig nachvollziehen kann, und bei der man ein wenig weiter ausholen muss. Zu Zeiten, in denen der Atlantik noch mit Segelschiffen überquert wurde, wurde auch Wein als Proviant auf den Schiffen mitgenommen. Am Anfang soweit gut schmeckend verdarb er immer mehr, je länger er in den meist offen an Deck liegenden Fässern Wind und Wetter, vor allem den hohen Temperaturen ausgesetzt war. Abhilfe entstand, indem er mit Kräutern aromatisiert wurde.

Die Rezepturen wurden immer mehr verfeinert, und so entstand ein Getränk, das zum Ende einer Atlantiküberquerung besonders gut schmeckte – und somit ein Handelsprodukt. Mit dem Aufkommen der Dampfschiffe wurden die Atlantiküberquerungen immer kürzer, und die Zeit reichte nicht aus, um den gewünschten Geschmack zu erzielen. Es mussten Alternativen gefunden werden. In Marseillan wurden klimatische Bedingungen gefunden, die über das Jahr hinweg ähnlich der Sonneneinstrahlung bei einer Atlantiküberquerung sind, sofern man die Fässer nicht wie üblich in einem Keller, sondern im Freien lagert. Es fehlte das Schaukeln der Wellen – dieses wurde dann durch das mehrmalige tägliche Bewegen der Fässer simuliert. Seither kommt Noilly Prat nicht vom Schiff, sondern aus Marseillan.

Basis des Getränks sind zwei verschiedene Weißweine. Diese werden 12 Monate in alten Holzfässern ausgebaut und dann für drei Wochen mit einem Mix aus etwa 40 Kräutern aromatisiert. Danach geht das Getränk in die Außenlager im Freien. Die Produktion kann besichtigt werden – beeindruckend die Kräuterlager und die Räume mit den Fässern, in denen aromatisiert wird. Eher überraschend das Außenlager, in denen Fässer in einem großen Hof lagern, viele aufgesprungen, und überall wird gewässert, damit sie einigermaßen dicht bleiben.

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Der Weg führt uns weiter, rund um den See herum. Die relativ lange Strecke auf dem Damm zwischen See und Meer – zum fahren eher langweilig, für diejenigen, die einen Badeplatz suchen, super. Zum Meer hin erstreckt sich ein endlos scheinender feinsandiger Badestrand.

Die Auffahrt auf den Hausberg von Sete, den Mount Saint Claire, 175 Meter hoch, zeigt sich als sehr steil; wir sind froh, dass unser kleines Autochen zum Teil im ersten Gang hinaufschnauft, und wir dies nicht selbst bei den extremen Temperaturen tun müssen. Wir haben strahlenden Sonnenschein, und das Thermometer zeigt inzwischen 34 Grad. Von oben auf dem Berg haben wir eine herrliche Aussicht. Wir sehen, wie sich die Kanäle und Hafenbecken weit in die Stadt hineinziehen. Weit unter uns liegt in der Ferne unser Schiff. Die Kapelle oben auf dem Berg, wegen ihrer Malereien hochgepriesen, hat uns weniger begeistert; ganz nett dagegen eine Ausstellung mit Gemälden heimischer Künstler.

Sete

Besondere Bedeutung hat die Stadt übrigens durch den Bau des Canal du Midi im 17. Jahrhundert erhalten – dieser Canal verbindet zusammen mit dem Canal de Garonne den Atlantik mit dem Mittelmeer, quer durch Frankreich hindurch, mit Fahrt von Bordeaux nach Séte – früher wichtig, allerdings für den heutigen Schiffsverkehr mit wenig Bedeutung, das die Schleusen nur maximal 30 Meter lange Schiffe fassen.

Sete Stadt

Unser Schiff hat eine recht lange Liegezeit, und so nehmen wir uns noch etwas Zeit, durch die Stadt zu fahren, die sich auf irgendein Fest vorzubereiten scheint, irgendetwas zum Thema Fischer. Auf den Kanälen hat sich eben eine stattliche Anzahl an Fischerbooten eingefunden, vom einfachen kleinen Fischerboot bis zum stattlichen großen Fischtrawler. An den Uferstraßen sind erste Stände aufgestellt. Wir bedauern, dass unser Schiff zwar spätabends, aber doch noch am selben Tag wieder abfährt und wir von einem sicherlich interessanten Spektakel nichts mitbekommen werden.

Wie immer: Es war schön in Südfrankreich.
Wir kommen wieder!

 

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