Flut-Katastrophe im Ahrtal – Natur und Naturgewalt

Auch vier Wochen nach der Flut mutet es immer noch ziemlich unheimlich an, wenn man sich die Ahr bei Bad Neuenahr näher ansieht, auch wenn man sich nur an wenige, einigermaßen zugängliche kleinere Flussabschnitte wagt. Das ehemals schmale kleine Flussbett der Ahr hat sich überall in eine ziemlich breite Flusslandschaft verwandelt, aussehend wie das Bett eines Gebirgsbaches nach der Schneeschmelze. Man hat den Eindruck, als habe sich der kleine Fluss selbst neu erfunden und dabei all das so gut wie möglich aus dem Weg geräumt, was seinen Lauf hinderte.

Auf unserem Weg nach Neuenahr kommen wir in Heimersheim am alten Bahnhof vorbei, besser gesagt am ehemaligen Bahnhof. Hier hat das Wasser das eine Gleis komplett weggerissen, das andere zu einer bizarren Kurvenlinie verformt.

Das daneben liegende Flussbett der Ahr ist eine Kieslandschaft, durchflossen von dem inzwischen wieder schmalerem Fluss.

Die Unterführung, durch die man auf die Bahngleise auf der anderen Seite kommen konnte, sieht aus wie eine unfertige und unaufgeräumte Baustelle im Nirgendwo.

Die ehemalige Umgehungsstraße auf der anderen Seite der Ahr ist unterspült und heruntergebrochen. Und als wäre nichts geschehen liegen hinter dem Bahnhof in sattem Grün die Weinberge.

Szenenwechsel – wir machen uns auf den Weg zur ehemaligen Uferpromenade zwischen Bad Neuenahr und Ahrweiler. Entlang der Hauptstraße zwischen den beiden Orten, auch in den Seitenstraßen, weit entfernt von der Ahr, zeigt sich immer noch ein Bild der Zerstörung.

Selbst hier hat das Wasser noch die Erdgeschosswohnungen bis zur Hälfte gefüllt. Sogar in diesem Bereich der Stadt wurden einige Häuser so unterspült, dass sie abgerissen werden müssen. Die Kombination von THW-Fahrzeug mit darüberstehenden Werbung „Alles Super“ an der Tankstelle mutet irgendwie etwas unpassend an. Die Straßen sind dicht mit Schlammstaub gepudert, der so fein ist, dass man selbst bei langsamer Fahrweise eine Staubwolke hinter sich her zieht.

Wir sind am Ufer der Ahr angekommen, kurz vor Ahrweiler. Wenn man nicht wüsste, dass die Ahr hier vor wenigen Wochen für fatale Überschwemmung gesorgt hat, würde man fast vermuten, man stecke mitten in einem geplanten Renaturierungsprogramm für den Fluss. Verschwunden sind die künstlichen Uferbefestigungen und die kleinen Staustufen samt den vormals sorgfältig angelegten Fischtreppen.

Es zeigt sich ein Flussbett wie in einer Phase der Rückformung durch die Natur, noch ein wenig zu geradlinig, aber auf bestem Wege zu einem durch die Landschaft mäandernden Fluss – naturnah, ideal für eine vielfältige Population im Wasser und an den Ufern. Aber schnell belehrt der herumliegende Schutt eines Besseren – es sind eben nicht nur Uferböschungen, die kreativ aus Erde, Steinen und Baumresten gebildet sind, sondern eben auch Mülleimer, Weinfässer, Fahrräder, Kabel, Möbelschrott und mehr.

Ein mulmiges Gefühl beschleicht uns, als wir die Häuser sehen, die direkt an der Ahr entlang an der Uferpromenade stehen. Die meisten davon tragen bereits rote Zeichen – einen roten Haken, Haus darf stehen bleiben, oder ein doppeltes rotes X, Haus wird abgerissen, manchmal mit Anmerkung, welche Teile stehen bleiben dürfen. Wie überall, wo wir im inneren Stadtbereich mehr in die Nähe der Ahr gekommen sind, gibt es kein einziges Gebäude, in dem das Erdgeschoss nicht zerstört ist – und viele davon sind schon entkernt.

Beeindruckt von dem, was wir gesehen haben, beschließen wir, zumindest noch ein klein wenig weiter ins Ahrtal hinein zu blicken – und darüber wird es im nächsten Bericht gehen.

(#Deutschland, #Ahrtal, #Katastrophe)

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