Fjorde – Apfelblüten und Schneeflocken

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Nordsee-Reise mit der MS Deutschland – Bericht 3

Über Nacht geht es mit der MS Deutschland zurück durch den Hardangerfjord, dann über die Nordsee bis zum Sognefjord, diesen hinauf zum Ulvikfjord. Eine gemächliche, lange Fahrt in der Fjordlandschaft, bei der wir den ersten Streckenabschnitt verschlafen.

Am Morgen zeigt unser erster Blick aus dem Fenster, dass immer noch die Wolken sehr tief stehen, auch unterschiedlich dicht, wodurch sich ein beeindruckendes Naturschauspiel ergibt – Wolkenschichten im und über dem Fjord stehend, dicht grauer Himmel, der ab und an überraschend aufreißt und tiefblauen Kontrast bietet, unten am Fjord dann von der Sonne beschienene intensiv farbig getönte Landschaftsflecken, dahinter je nach Wolkenlauf immer wieder ein Blick in die Berge, die weiter oben mit Schnee bedeckt sind.

Es wird noch windiger und kälter auf unserer Reise. Die Temperaturen gehen sogar auf den Nullpunkt zu. Im Tageslauf blitzt die Sonne nur noch ab und zu durch die Wolkendecke hindurch. Zwischendurch schneit es sogar unten im Fjord; Schneeflocken gehen auf dem Schiffsdeck nieder, und das im Frühling. Weiter oben in den Hügeln und Bergen ist es so kalt, dass eine weiße Schneedecke liegen bleibt. Ein Kontrastprogramm. Unten am Fjord sind die Wiesen und Hänge satt grün, und die Apfelbäume blühen.

Für die etwa 200 Kilometer von der Küste aus bis zu unserem Ziel, dem kleinen Ort Ulvik am Ende des weit ins Landesinnere reichenden Fjord, benötigt die MS Deutschland mehr als zehn Stunden. Die Fahrrinne wird enger, die Berge rücken näher heran, öfters geht es um enge Kurven, fast Schluchten, die immer wieder neue Eindrücke bringen.

In Ulvik wird getendert, die MS Deutschland wird am Ende des Fjords, mittendrin verankert.

Um ans Ufer zu kommen, wird das Tenderboot benötigt; es legt beim einzig großen Gebäude im Fjord an, dem Hotel Ulvik – und hier entsteht ein erstes Foto an Land, ein ungewöhnliches Motiv.

Vorne der kleine Sandstrand des Hotels, angelegt für Badegäste, die im eiskalten Fjordwasser baden möchten, daneben eine Strandsauna mit Absprungsteg ins Meer – aber nur tauglich bei Flut.

Dahinter das fast türkisblaue Wasser des Fjords mit dem Kreuzfahrtschiff. Wieder dahinter die Fjordberge, teilweise mit Schnee bedeckt. Ein ziemlich langer Spaziergang führt uns am Fjordufer entlang, zunächst durch das kleine Dorf, bald entlang mehrerer Bauernhöfe, unten direkt am Ufer oder oben in den Hängen liegend.

Am Ulvikfjord werden vor allem Äpfel angebaut, für Saft und Cidre. Eigentlich wollen wir zu einem der Höfe die Anhöhe hinaufsteigen, zur Ulvik Frukt & Cideri, aber auf halber Höhe geben wir auf, gehen doch lieber wieder runter an den Fjord. Unser Kontrastprogramm bekommt einen weiteren Akzent – wenige Meter Höhenunterschied, und doch ist oben im Hang noch nichts vom Frühling zu sehen, und etwas weiter unten spazieren wir vorbei an blühenden Apfelbäumen, unter denen Schafe weiden. Ganz oben in den Hängen liegt Schnee.

Zurück im Dorf noch ein kurzer Spaziergang, mit Halt beim Tourismusbüro; da gibt es tatsächlich auch Produkte aus der Gegend, und so probieren wir einen kleinen Brocken ziemlich intensiven Käse und einen Apfelsaft, von dem Hof, für den wir den Hügel hinauf steigen wollten.

Zurück mit dem Tenderboot zum Schiff. Gerne hätte man bei der langen Ausfahrt aus dem Fjord mehr gesehen – aber es war einfach zu kalt und zu regnerisch und zu windig, um draußen an Deck zu bleiben. Der Blick von Drinnen zeigt die eng beim Schiff stehenden Felswände, mit unzähligen Wasserfällen, hervorgerufen durch die Regenschauer.

Am frühen Morgen wird der Sognefjord angefahren, eigentlich ein verzweigtes Netz von Fjorden, das weit ins Land hineinreicht, noch weiter als das der Hardangerfjord mit seinen Seitenfjorden tut.

Der Ort, der angesteuert wird, ist Flåm, Luftlinie von Ulvik gerade mal etwa 40 Kilometer entfernt, mit dem Auto wären es etwa 100 Kilometer – und mit dem Schiff geht es tatsächlich mehr als 600 Kilometer vor allem durch die Fjorde, auch durch die Schären und übers freie Meer. Alles schön für uns – wir können die norwegische Fjordlandschaft ausgiebig genießen.

Am Ende eines der letzten Winkel in den Verzweigungen des Fjords, die mit dem Schiff angefahren werden können, liegt der kleine Ort Flåm, bekannt für die Flåmbahn, mit der von hier aus vor über 100 Jahren die Region für die Bewohner des Hinterlandes erschlossen wurde.

Auf etwa 20 Kilometern wird mit einer verschlängelten, steilen Strecke, hineingeschlagen in die Berge, ein Höhenunterschied von knapp 900 Metern überwunden. Mit durchschnittlich einem Meter Steigung auf eine Strecke von 18 Metern geht es am Fluss entlang, den Berg hinauf, bis nach Myrdal – enorm. Es soll eine der schönsten Bahnstrecken weltweit sein.

Ist man in Flåm, muss man einfach einmal diese Fahrt gemacht haben, steil bergauf, entlang von Felsgraten, vorbei an kleinen Seen und Wasserfällen, auch an einem beeindruckend großen, dem Kjosfossen, bei dem es einen kurzen Halt gibt. Von oben auf der Anhöhe hat man die Wahl, wieder mit der Bahn hinunter zu fahren oder den Talweg auf einem Wanderweg zu Fuß zu machen.

Wir haben das bei einem früheren Aufenthalt in Flåm schon gemacht, haben bei dem Wetter auch nicht unbedingt Lust, eine ziemlich teure Fahrt und eine Bergwanderung zu machen, und flüchten mehr oder weniger, da es inzwischen heftig regnet, erst einmal in die Bäckerei auf ein zweites kleines Frühstück und anschließend ins Museum der Flåmbahn.

Erzählt wird hier über die Geschichte der Flåmbahn, anhand nicht mehr all zu vieler erhaltener Exponate aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts – beim Bau dachte sicherlich kaum jemand daran, dass diese Bahn einmal touristisches Zugpferd der Region würde, es ging um Verbesserung der Lebensqualität. Und so finden sich in diesem Museum einige Werkzeuge, an den Wänden Fotos, einige alte Fahrkarten, Alltagsgegenstände aus der Zeit der Entstehung der Bahn, aber auch noch drei Lokomotiven, wo man sich bei den beiden älteren wundert, wie diese wohl die steile Bergstrecke befahren konnten. Noch mehr erstaunt dies bei den Draisinen, gebaut wie Motorräder mit Beiwagen, eines der Fahrzeuge sogar mit Pedalantrieb.

Unser Spaziergang führt uns zunächst über eine Brücke auf die andere Seite eines Fjordzuflusses, dann durch das Dorf, vorbei an den weitgehend bunten Häusern und Höfen mit ihren gepflegten Gärten.

Es regnet, fast in Strömen, und unser Schirm hilft nur bedingt gegen den nordischen mal leichten, mal heftigen Regen. Wir ignorieren das einfach, wollen etwas entdecken.

Die Schafe, die hier auf den Weiden stehen, scheinen bezüglich des Regens unentschlossen. Die einen bleiben einfach auf der Wiese und futtern weiter; die anderen suchen Schutz vor dem Regen unter Brücken, Dächern und Bäumen. Es ist auch die Zeit, in der die Lämmer geboren werden – es scheint die Gegend der Drillinge, seltener der Zwillinge zu sein, wie auf den Wiesen zu sehen ist.

Um uns herum sind überall Wasserfälle zu sehen. Der Regen sorgt für kräftig Wassernachschub, so dass wahrscheinlich sonstige Rinnsale jetzt über die Hänge auch mal in großen Bogen zu Tal stürzen. An einem der großen Wasserfälle, dem Brekkefoss, kommen wir vorbei. Hier besteht die Möglichkeit, auf einem Wanderweg bis hinauf zum Fuß des Wasserfalls zu steigen.

Noch sind wir guten Mutes, steigen auf einem Pfad steil hinauf, durch ein wildes Wald-Wiesen-Moos- und Wassergebiet. Einige Male geht es durch Viehgatter – vielleicht weiden hier sonst Schafe oder Ziegen. Geschätzt die Hälfte ist geschafft, dann folgen steile und glitschige Steintreppen. Wir sind inzwischen ziemlich durchnässt und der Wind pfeift hier oben – schließlich drehen wir um, bleiben noch ein wenig im Tal und machen uns wieder auf, hinunter zur Fjordebene, meist entlang der Straße, die hier wenig befahren ist. Und immer wieder staunen wir über das Gefälle – bei unserer Wanderung hatten wir gar nicht bemerkt, dass wir langsam aber sicher ziemlich große Höhenunterschiede überwunden hatten.

Wir sind sehr nass, als wir unten angekommen sind. Eher durchnässt. Regenjacke, Mantel und Schirm konnten auf Dauer nicht genügend Regenwasser abhalten. Eigentlich wollten wir schnell zurück aufs Schiff – trockenlegen. Aber wie es oft so ist: Gerade jetzt ist eines der Tenderboote ausgefallen, und man müsste am zugigen Ufer auf das nächste warten. Wenig begeisternd. Da fällt uns doch die Kleinbrauerei namens Ægir Bryggeri wieder ein, die wir gesehen haben, gleich hinter der Bahnstation.

Gebaut ist sie wie ein überdimensionales Wikingerhaus, auch drinnen, in der Mitte wie eine Feuerstelle, aber in Kerzenlicht. Hier finden wir ein Plätzchen. Mein Mantel ist inzwischen so nass, dass der rechte Ärmel, der unter dem zu Zweit genutzten Schirm keinen Platz fand, trieft und auf dem Weg zu unserem Sitzplatz eine Wasserspur auf dem Boden hinterlässt.

Essen gibt es noch keines, also wird es eine Bierprobe – es werden fünf verschiedene Biersorten gebraut, und auf einem Brett wird eine Reihe mit fünf Gläsern mit etwa 0,15 l aufgefahren. Uns reicht so auf die Schnelle garantiert eine Probe zu Zweit, und angesichts des norwegischen Bierpreises würden wir hier wahrscheinlich auch nicht zu gewohnheitsmäßigen Biertrinkern werden. Aber das Bier schmeckt, aber jeder von uns hat doch unterschiedliche Präferenzen.

Zurück auf dem Schiff – trocken gelegt. Es geht hinaus aus dem Fjord, bei wolkenverhangenem Himmel, nach Bergen, der letzten Station unserer Mai-Reise nach Norwegen.

Tipps für alle, die sich weiter informieren wollen:
Phoenixreisen und die MS Deutschland
– Bericht über die MS Deutschland
– Informationen über den Hardangerfjord
– Cidre vom Ulvikfjord bei Ulvik Frukt & Cideri
Hotel Ulvik, direkt am Fjord
– Informationen zum Sognefjord
Flåm, die Flåmbahn und das Museum
– Kleinbrauerei Ægir Bryggeri

(#Norwegen, #Natur, #Technik, #Museum, #Nordsee)

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