Mittelmeer-Entdeckungen – Reisebericht 9
Enge Kurven, schmale Wege, Busse in Staubwolken – drumherum weitgehend unberührte Natur. Auf unserer Entdeckertour geht es wieder in Richtung Berg, hinaug zur Hauptstadt von Athos, nach Karyes.
Auf dem zentralen Platz das Parlamentsgebäude, ein paar Geschäfte und kleine Cafés, und für diese Republik weit wichtiger die zentrale Kirche. Diese hat auch ein Längsschiff, für die Gottesdienstbesuche all derjenigen Männer, die nicht als Mönche auf Athos leben. Als wir da sind, findet gerade ein Gottesdienst statt. Im Altarraum haben sich in die Gestühle an den Eckpfeilern mehrere Mönche verteilt, die mal zusammen, mal abwechselnd Choräle singen – so wird der ganze Kirchenraum mit Gesang gefüllt. Die Sänger in allen Altersgruppen, erstaunlich viele junge Mönche. Alle Sänger wie gewohnt dunkel gekleidet mit Mönchskutte und -mütze; einer der jungen Mönche hält in festlichem Priestergewand den Gottesdienst und geht gerade mit dem Weihrauchkessel durch alle Bereiche der Kirche, auch zwischen den Besuchern, hindurch.
Wir haben ein wenig Zeit, zwischen den Gebäuden zu verweilen. Dann geht unser Weg weiter, auf den Schotterstraßen Berge hinauf und hinab, bis zum nächsten Kloster. Wieder eine der sehr großen Klosteranlagen mit beeindruckenden Baulichkeiten. Wir werden von einem der Mönche empfangen, der uns die wichtigste Kirche des Klosters führt. In einer Begrüßung schildert er uns in kurzen Zügen die Geschichte dieses Klosters, in dem vor allem Maria verehrt wird. Auch dieses Kloster blickt auf eine tausendjährige Geschichte zurück, an den Wänden der Kirche Malereien, die zum Teil noch in diese Zeit zurück reichen. In der Kirche viele Ikonen. Zwei Marienikonen wird zugeschrieben, dass sie Wunder vollbringen können – eine stattliche Anzahl von Votivtafeln verweist darauf, dass viele Gläubige anscheinend sehr dankbar sind.
Nebenbei bemerkt: Wir sind eine ziemlich „durchwachsene“ Besuchergruppe – einige Griechen mit dabei, die ehrfürchtig in die Kirchen schreiten und den Ikonen die Ehre erweisen, sie entsprechend der Gepflogenheit der orthodoxen Kirche küssen. Dann einige Deutsche, die wissen, dass sie sich in einer Kirche befinden, die für die gastgebenden Mönche das wichtigste in ihrem Leben darstellt, und die sich entsprechend benehmen. Und dann leider ein Großteil deutscher Mitreisender, die keinerlei Respekt zeigen, kreuz und quer durch die Kirchen rennen und fotografieren, sich lautstark über alles Mögliche unterhalten, und nicht einmal den geringsten Formen der Höflichkeit frönen, wenn man vom Gastgeber, begrüßt wird. Peinlich.
Zurück auf dem Vorplatz der Kirche öffnet sich gerade die Tür einer gegenüberliegenden Kirche. Wir sollen warten, bis uns auch der Abt wieder begrüßt. Staunend sieht man, wie aus der Kirche fast unendlich viele Mönche kommen. Bewirtet werden wir wieder mit Wasser, Ouzo und Geleewürfeln.
Zurück zu den Bussen. Es geht quer über die Berge zurück zur Anlegestelle für das Tenderboot, das letzte Stück der Strecke schon in der Dunkelheit. Man sieht so gut wie nichts, über hoppeln und schaukeln und rütteln merkt man, wie die Straßenverhältnisse sind; so ein wenig von der Schotterpiste taucht immer wieder kurz im Scheinwerferlicht auf, wenn der Bus um eine der vielen Kurven fährt. Man spürt mehr und hört noch viel mehr, dass der Motor des Busses heftig arbeiten muss, weil es eben nur Bergstrecken sind. Straßenbegrenzungen, Straßenbeleuchtung oder erleuchtete Dörfer, all das gibt es nicht.
Am Meer angekommen die Überraschung: Das Boot liegt nicht einstiegsbereit am Ufer, sondern vollführt einen wilden Tanz auf den Wellen. Der Bootsführer versucht immer wieder anzulegen, seitwärts oder rückwärts, und gibt immer wieder auf aus Sorge, dass das Boot am Anleger zerschellen könnte. Wilde See, die Gischt spritzt manchmal einige Meter hoch über die Ufermauern. Sinnlos daran zu glauben, hier wäre eine Bootsfahrt machbar.
Nach einigem hin und her die Lösung – nachdem man schon etwas spekulativ über lange Nachtfahrt im Bus über die Schotterpisten bis zum nächsten großen Hafen nach dem Grenzzaun oder Übernachtung in der Mönchsrepublik nachgedacht hat. Rückfahrt mit dem Bus bis nach Karyes – sicherlich eine begeisternde Entscheidung für die Busfahrer. Und dann Weiterfahrt mit Kleinbussen zu einer anderen, weiter entfernt liegenden Anlegestelle, die in einer geschützteren Bucht liegt. Aber diese Strecke ist mit Bus nicht befahrbar, auch nur bedingt mit Kleinbussen, eher geeignet für Allrad …
Nach längerer Nachtfahrt mit dem Bus in Karyes angekommen. Dort stehen tatsächlich Kleinbusse. Mit denen geht es eine lange über Stock und Stein, gefühlt viele Stunden, die Strecke manchmal nur bedingt als Straße erkennbar. Irgendwann kommt an der Strecke eine Kontrollstelle, Athos ist zu Ende. Unser Fahrer muss ein wenig mit dem dortigen Diensthabenden diskutieren, weil er anscheinend keine Genehmigung hat, hier die Grenze zu passieren. Irgendwann stehen wir dann wieder am Wasser. Dort tatsächlich das Tenderboot, das angelegt hat. Von hier aus geht es so schnell wie möglich wieder zurück zum Schiff. Geplant war um 18 Uhr, aber zurück sind wir um Mitternacht, mit einer gehörigen Portion Verspätung.
Einige der Ausflugs-Männer werden beim Ausstieg aus dem Tender an Bord in der Lobby von klatschenden und jubelnden Damen begrüßt, die anscheinend ungeduldig ausgeharrt haben, bis ihr Partner vom Ausflug zurückkommt und sich nun sehr darüber freuen, dass er nicht die Mönchskutte auf Athos übergestreift hat. Zur Belohnung haben einige von ihnen sogar mit dem Abendessen abgewartet, oder begleiten ihren Partner wenigstens ins Restaurant, denn auf dem Schiff erwartet uns ein Mitternachtsmenü, das eigentlich als Abendmenü vorgesehen war.
Das waren ausführliche Berichte über Athos – ein Ziel, das äußerst selten in den Plänen der Kreuzfahrtanbieter steht. Aber genau auf solche Ziele kommt es an, will man die Welt entdecken und vielleicht auch ein wenig mehr verstehen.
Unsere Reise geht weiter, entlang der griechischen Küste.
Beste Grüße und bis bald
Bernd Jans
(#Griechenland, #Athos, #Mittelmeer)