Kontraste: Dubai, Oman, Indien – Reisebericht 8
Weiter geht es durch den dichten Verkehr in der Millionenstadt Mumbai. Wir peilen Dhobi Ghat an, den in dieser Form weltweit einzigen Wäscherplatz Mumbais. Hier wird immer noch die meiste Wäsche der Millionenstadt gewaschen, ob aus Hotels oder von Privathaushaten.
Wieder ein ausgeklügeltes System. Wäscher holen schmutzige Wäsche frühmorgens ab. Auf dem weitläufigen Gelände wird gewaschen, getrocknet und gebügelt. Am Abend ist wieder alles zurück beim Auftraggeber.
Auf unserem Weg dorthin kommen wir durch verschiedenste Quartiere, manche eher modern, die meisten eher sehr renovierungsbedürftig, aber alle genutzt und bewohnt. Das gilt auch für die halbfertigen Bauten, bei denen sich Menschen in der Mittagszeit aus den Fenstern lehnen, sich unterhalten, ausruhen. Eine Bank oder eine Versicherung – mal ein eher westliches Gebäude, mal eher etwas mit baufälligen Schuppen-Charme.
Dhobi Ghat lässt sich am besten von oben betrachten, von einer Brücke aus – leider fehlt uns wie den meisten Touristen, die versuchen, Mumbai im Schnellverfahren zu entdecken die Zeit, mit etwas mehr Ruhe in den weitläufigen Stadtbereich hineinzugehen. Von der Brücke aus zeigt sich uns eine bunte Vielfalt; zwischen einfachen Gebäuden die Waschstraßen mit den Waschtrögen und Waschsteinen, dazwischen oder auf den Dächern die Plätze zum Trocknen.
Wir erfahren, dass die Wäsche nicht schön sortiert nach Auftraggeber verarbeitet wird, sondern nach Farben und Qualitäten – also nicht nur abgeholt beim Auftraggeber, sondern umsortiert, und trotzdem findet anscheinend alles wieder dahin zurück, wo es hin gehört. Gewaschen wird anscheinend nur mit natürlichen Laugen, zum Trocknen und bei der weißen Wäsche zum Bleichen reicht die Sonne aus. Um die Wäsche sauber zu bekommen wird sie eingeweicht gemacht und dann vielfach auf großen Steinen ausgeschlagen, dann ausgewaschen. Eine anstrengende Arbeit in der Hitze Indiens.
Auch hier arbeiten nur Männer, meist Landbevölkerung, die den Weg in die Stadt suchte. Unser Guide meint, 400 Männer würden täglich 10.000 Wäschestücke versorgen – wie viele es wirklich sind, sei dahin gestellt, wir haben längst mitbekommen, dass es einfach Zahlen für viel und wenig und zur Veranschaulichung von Relationen gibt. Übersetzt für uns: Wenige Leute waschen sehr viel Wäsche. Verdient wird wenig, gesprochen wird von etwa 200 Rupien, also nicht einmal zwei Euro – aber das sei immerhin noch so viel, dass die hier Beschäftigten mit ihren Familien leben und sogar noch an ihre in den Dörfern verbliebenen Großfamilien abgeben können. Hinter den Waschstraßen gleich die einfachsten Behausungen der dort Arbeitenden und deren Familien.
Eingerichtet wurde dieser Waschplatz ursprünglich übrigens von den Engländern, die in der Kolonialzeit hier die Wäsche ihrer Truppen waschen ließen.
Wir verabschieden uns von diesem kontrastreichen Platz – hinter uns der hupende Verkehr auf der Brücke, direkt vor uns der bunte Wäscherplatz, den man als noch aktive, lebendige Vergangenheit erlebt, und dahinter die eher triste moderne Hochhauswelt der neuen Wohnsiedlungen.
Der Isckon Tempel, den wir dann erreichen, war uns als hinduistischer Tempel angekündigt worden. Eine wirklich schöne Anlage, auch für den Betrachter aus Europa, nicht so schrecklich „verkitscht“ wie viele solcher Anlagen – sofern man ein solches Wort für eine religiös bedeutsame Stätte überhaupt verwenden will. Sehr viel Marmor mit feinen Ornamenten gestaltet. Dann die ersten Mönche in langen, orangen Kutten, mit sehr freundlichen Blicken, die einladen, hereinzukommen und sich alles anzusehen. Es stellt sich heraus, dass dieser Tempel zu den Sanyasins gehört, die ja auch bei uns vor einigen Jahrzehnten sehr populär waren, so ein wenig auch „promotet“ durch Songs und Reisen der Beatles. Und so hat dieser Tempel einen Namen, bei dem der zugehörende Song gleich beim Hören im Ohr ist – Temple of Hare Rama Hare Krishna …
Gleich im Eingangsbereich natürlich Schaukästen, in denen die Lebensstationen von Krishna in Szenen dargestellt werden, immer bunt, fröhlich, lebensfroh und lebenslustig. Vom Aufbau her erinnernd an Krippen bei uns. Ein Teil des Tempels rechts ist mit orangen und gelben Girlanden überdacht, so dass alles ziemlich in rötliches Licht getaucht ist. Wir erfahren, in diesem so geschmückten Innenbereich findet gerade eine Hochzeit stattfindet.
Überraschend gleich im Eingangsbereich ein großer Tisch, an dem Gemüse verkauft wird, von zwei weiß, (noch?) nicht orange gekleideten Sanyasins. Alle wollen dran vorbei rennen, aber mich interessieren die weitgehend fremd ausschauenden, anscheinend essbaren Gewächse. Gut, Kohl, Gurken, Bohnen und Okraschoten kennt man. Es stellt sich heraus, dass das meiste davon Gurkengewächse sind, von denen viele eher sauer und bitter schmecken, dann einige bei uns nicht bekannte Bohnensorten und dann etwas, was auch die Inder „drumstick“ nennen. Lang und dünn, und sieht auch so aus, als könne man gleich damit die Trommeln bearbeiten, ist aber grün – später werden wir so etwas verkosten, ist für unseren Geschmack so ein wenig wie Zucchini, aber so faserig, dass man ein zerkautes Stückchen auch als struppig bezeichnen könnte – soll aber für Inder ein Wohlgeschmack sein und sei auch sehr nahrhaft.
Im Tempel, und doch das Thema Essen. Vom Sanyasin, der uns begleitet, erfahren wir, dass der Tempel für alle zugänglich sei, und dass jeder, der nach Essen fragen würde, hier auch etwas zu essen bekommen würde.
Jetzt geht es ans Schuhe ausziehen. Tempel dürfen nur in Socken, manche sogar nur barfuß betreten werden. Zu uns gesellt sich ein anderer Mönch als Begleiter; er spricht perfekt deutsch mit bayerischem Akzent und kommt aus Passau. Von ihm werden wir durch den Tempel geführt, hinein in den Hauptraum mit dem Altar, der wie zu erwarten in freundlichsten Farben strahlt, ebenso fröhlich wie die Gesichter der auf dem Altar dargestellten Personen, ob Krishna als Gottheit oder seine Begleiterinnen und Begleiter. „Unser“ Mönch meint, dass das einfach die Lebenshaltung sei, aus der sie die Kraft schöpfen würden, Gutes in der Welt zu tun.
Die Zeit wird knapp, wir wollen ja auf jeden Fall noch auf den Crawford Market, den ältesten Markt der Stadt, ein wenig durch ein altes Stadtviertel gehen und abschließend noch das Gate of India besuchen. Darüber mehr im folgenden Bericht.
Beste Grüße
Lydia Häufele und Bernd Jans
(#Indien, #Mumbai)
Tolle Berichte ,wie immer.
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Danke – uns machen diese Reisen immer Spaß. Gerade sind wir wieder am planen. Kurzfristig nach Südengland, und in einem knappen Jahr nach Mauritius, Madagaskar, Reunion …
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