Wieder einmal eine Fahrt durch die Eifel, ein wenig ziellos, an einem Novembertag, aber doch mit dem Ziel, mal wieder etwas Neues zu entdecken. Das Wetter ist wenig begeisternd, irgendwie passend zur trüben Corona-Stimmung, und man weiß nicht so recht, wo rundherum die Wolken enden und der Nebel beginnt. Angepeilt sind die Thürer Wiesen, ein nasses, mooriges Gebiet. Wir wollen mal die schwarzen Wasserbüffel sehen, die man eher von Südeuropa kennt, für die der NABU bei Thür eine Bleibe gefunden hat, und von denen einige – zumindest ist es so geplant – eine neue Heimat im Bereich der Ahrmündung bei Sinzig finden sollen.

Wir haben Glück. Nicht immer wird im ziemlich weitläufigen Gelände die Büffelherde in einem Bereich sein, in dem man sie etwas mehr aus der Nähe sehen kann. Noch liegen Tiere etwas weiter entfernt auf der Wiese. Am Wiesenrand halten wir an, schauen und fotografieren, und es kommt ziemlich Bewegung in die Herde. Die Büffelherde, groß und klein, macht sich auf den Weg – in unsere Richtung. Mächtige, dunkle, ziemlich wild ausschauende Tiere mit beeindruckenden Hörnern steuern uns an. Auf dem Feldweg nebenan kommt noch ein Traktor. Noch wissen wir nicht so recht, wie wir uns verhalten sollen.







Aber das Rätsel löst sich schnell – die Tiere haben den Traktor erkannt, und wissen, dass sie leckere Äpfel bekommen. Vom Fahrer des Traktors erfahren wir, dass es sich nicht um südeuropäische Büffel, sondern um Karpatenbüffel handelt, dass das hier in den Thürer Wiesen ein Projekt des NABU sei, und dass es in diesem Gebiet auch unzählige seltene Vogelarten gäbe. Wir beobachten noch ein wenig die Büffel, die nach ihrer Apfelmahlzeit gemütlich weiter über die Wiese ziehen.
So ein wenig kreuz und quer starten wir in Richtung Koblenz, orientieren uns weniger an der direkten Strecke, sondern danach, wo sich die Landschaft interessanter zeigt. Irgendwann fahren wir an einer fast endlos wirkenden Mauer entlang; zunächst denken wir an ein Schloss, das sich dahinter verstecken könnte, dann an eine große Klosteranlage, bei der Länge der Mauer.





Inzwischen sind wir wieder im Nebel angekommen. Irgendwann kommt ein Ortsschild, Bassenheim. Noch können wir nichts mit diesem Ortsnamen verbinden. An der ersten Straßenkreuzung ist ein schmiedeeisernes Tor, das einen Blick hinter die Mauern erlaubt. Wir halten an; drinnen zeigt sich eine großzügige Parkanlage, ziemlich weit drin ein Schloss. Während wir so reinschauen, kommt ein sehr betagter älterer Herr von innen ans Tor, fragt uns, was wir tun. Während wir so über die schönen alten Bäume sprechen kommt die Frage, ob wir uns das alles nicht näher anschauen wollen. Warum nicht. Wann hat man schon die Gelegenheit, hinter die Gitter zu kommen.






Warum auch immer – er findet den passenden Schlüssel zum Tor auch nach drei Anläufen nicht, bei denen er immer wieder ins Torhaus zurückkehrt. Nebenbei erwähnt er, dass er der Förster des Anwesens gewesen sei, und jetzt auf seine alten Tage hier im Torhaus wohnen würde – und dann werden wir eingeladen, ihn zu besuchen. Durch das Haupttor geht es schließlich hinein; wir fahren zum Torhaus, und freuen uns, ein paar Schritte zwischen den uralten Bäumen im Park gehen zu können. So recht wissen wir nicht, wie damit umzugehen – der ältere Herr lädt und ein, sein Jagdzimmer mit den Trophäen aus alten Zeiten anzusehen. So richtig entscheidungsfreudig sind wir nicht – schließlich kennen wir ihn ja erst seit einem kurzen Gespräch, und einfach so ins Wohnhaus? Aber ihm ist das wichtig, und wir tun einige Schritte ins Haus hinein.







Die hohen Wände im Torhaus sind voller Geweihe, Felle, auch ein paar ausgestopften Tieren. Erstaunlich, was es da in den Wäldern rund um Bassenheim gegeben haben muss, viel Rotwild, einige kapitale Hirsche, Mufflons, aber auch Füchse, Dachse, Wiesel, Enten, Fasane und mehr. An den Wänden hängen Auszeichnungen für Naturschutz und Jagderfolge, der Gewehrschrank ist leer – da wurde aus Altersgründen alles abgegeben, wie er erzählt.





Eigentlich hatten wir gedacht, dass wir nur vom Haus aus einen Blick auf den Park werfen können – aber unser Gastgeber lädt uns auf einen Spaziergang durch die weitläufige, sehr naturnah gestaltete Anlage ein, angelegt wie ein englischer Garten. Neben seltenen, mächtig großen einheimischen Bäumen sind einige Exoten zu sehen.







Kontrastreicher hätte unser Programm kaum sein können – der alte Herr und sein Jäger-Tor-Haus, die Parkanlage von sehr gepflegt bis in sehr naturnahe Bereiche übergehend, in den Parkachsen der Blick auf das Schloss auftauchend, eingepackt wie in einen Natur-Bilderrahmen, das alles kombiniert von einem Mix aus Sonnenschein und immer wieder einschwebenden, manchmal sehr dichten Nebelschwaden.

Unser Spaziergang durch den Park führt uns abseits der Wege; unsere Schuhe und Füße sind nach kurzer Zeit patschnass von den dicken Tau- und Nebeltropfen, die wie ein Teppich auf dem Gras liegen.





Zwischen Bäumen geht es zum See, der schon vom Torhaus ein wenig zu sehen war. Immer wieder taucht das Schlossgebäude zwischen den Bäumen auf – Bassenheim vermittelt den Eindruck eines Schlosses, ist jedoch ein Rittergut, dessen Geschichte sich bis in der 12. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Viel steht allerdings nicht mehr aus einer sehr wechselhaften Vergangenheit. Die Burganlage ist modernisiert; nachzulesen ist, dass das alte klassizistische Schloss längst abgerissen ist.



Wie weitläufig und typisch als Landschaftsgarten die Anlage gestaltet ist, zeigt sich, als nach dem See, von dem aus wir gerade auf zentraler Achse das Schlossgebäude gesehen haben, ein weiterer See auftaucht, mit weiteren dahinter liegenden Baumgruppen, Gebüschen und Grasflächen.

Zwischendurch läuft mit kleinem Gefälle ein naturnah angelegter schmaler Bach so, dass kleine Wasserfälle möglich werden. Vom Efeu umwuchert steht in der Anlage die Ruine einer Kapelle, nur der Turm ragt noch hervor. Wir erfreuen uns am Spiel der Nebelschwaden zwischen den Bäumen und der Ruine, die ein Wechselspiel zwischen gespenstischem Licht und Sonnenschein zeigen.





Zurück am Torhaus verabschieden wir uns von unserem freundlichen Gastgeber, freuen uns natürlich darüber, dass er uns ermöglicht hat, diesen beeindruckenden Park anzuschauen, den wir hier nie vermutet hätten.

Auf dem Rückweg begleitet uns weiter das besondere Wetter. Nebel und Wolken haben sich verzogen, als wir den Weg in Richtung Ahrtal antreten.



Der Himmel ist schon kurz hinter Bassenheim strahlend blau. Schon nach kurzer Fahrt erwartet und ein weiteres optisches Erlebnis – gerade noch freuen wir uns über den schönen blauen Himmel, staunen über die intensiven grünen Farben von Wäldern und Wiesen, ebenso wie über die grün-braunen Farbkontraste, die die Felder mit dem gerade spießenden Wintergetreide bieten.


Dann, nach einer Kuppe, liegt vor uns so etwas wie ein großer See, aus dem einige Inseln herausragen. Eine dicke Wolkenschicht hat das Tal vor uns aufgefüllt. Nach einem kurzen Spaziergang führt unsere Fahrt aus dem Sonnenschein hinein in dichte Wolken, in Richtung Mosel.

Aus den Wolken heraus geht es etwas später durch ein kleines Dorf, im Ortskern recht idyllisch – und unsere Entdeckerfahrt wird abgerundet durch etwas, das es so wohl nicht mehr so oft geben dürfte: Ein Garten voller Gartenzwerge.







Auf unserem weiteren Weg zurück freuen wir uns über einen schönen Tag mit einer Kombination von Entdeckungen, den man so nie planen können hätte – die Karpatenbüffel in der Eifel, den Jäger im englischen Garten, den Wolkensee und das Haus der Gartenzwerge.

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