Entlang des Ärmelkanals mit der MS Deutschland – Bericht 11
Öfters haben wir erlebt, dass Ziele, die so nicht vorgesehen waren, eine angenehme Überraschung sind. So auch Texel, wo wir anstelle des ursprünglich geplanten Aufenthalts in Rotterdam anlanden. Selbst für ein ziemlich kleines Kreuzfahrtschiff wie die MS Deutschland ist im Hafen der Insel kein Platz; es geht mit dem Tender an Land.

Im Hafen liegen ziemlich viele Fischerboote – eigentlich sind es keine Boote, sondern recht große Schiffe. An den Masten ist schon vom Tender aus erkennbar, dass es sich weitgehend um Krabbenfischer handeln muss.

Klar ist das nach dem Ausstieg aus dem Tender, beim Schlendern am Kai entlang, vorbei an den Booten, beim Blick auf die Fangnetze, Hebekräne, Krabbenfangnetze, Förderbänder und die Krabbenkocher an Bord.





In einem kleinen Dock nebenan werden hintereinanderliegend gleich zwei Schiffe überarbeitet. Rundherum entlang der Kaimauern liegen Materialien und Gegenstände der Fischer und aus der Werft, oftmals arrangiert wie kleine Kunstwerke.





Wir sind in Oudeschild, eine der kleinen Städte auf der Insel, auf der Seite zum Festland. Natürlich sind überall Deiche zu sehen, vorgelagert auch kleine Sandstrände; die großen, für die die Insel so beliebt ist, liegen auf der Seeseite zur Nordsee hin. Aber jetzt ist keine Bade- und Strandzeit, und für uns überhaupt nur wenig Zeit, die Insel zu erkunden, also heißt es, mehr in der Nähe des Anlegers zu verbleiben. Nicht tragisch.

Hier ist gleich auch eine der für uns die größten Attraktionen bei diesem Aufenthalt, das kleine lokale Freilichtmuseum Kaap Skil – ein Museum, bei dem man davon ausgeht, dass man es so eigentlich nur in Holland finden kann. Hier wurde alles gesammelt, was irgendwie Bezug zur Insel hat – was von den Inselbewohnern zu bekommen war, was das Meer herbeischaffte oder wieder freigab, oder was diejenigen hinterließen, die man gerne auf der Insel begrüßt, bei denen man sich aber als Inselbewohner auch immer wieder freut, wenn sie abreisen. All das wird im Inselmuseum nicht auf Hochglanz poliert, auch nicht höchst aufwendig beschriftet, sondern einfach zum Anschauen ziemlich lebensnah präsentiert.



Lebensalltag auf der Insel quer durch die Jahrhunderte zeigt sich überall. Auf der Wiese liegen Anker, Schiffsbalken, Schiffsteile oder ein riesiges Ruder – einige wenige Ausstellungsstücke sind überdacht, der Rest darf einfach weiter vor sich hin rosten oder verwittern, so wie schon viele Jahre zuvor auf dem Meeresgrund oder am Strand.





In einigen kleinen typischen Gebäuden wurden Handwerker- und Ladengeschäfte eingerichtet, mit all dem, was eingesammelt werden konnte – ziemlich komplett ist die Schmiede, auch die Bäckerei, ebenso das Lebensmittelgeschäft und der Schuster.







In kleinen Wohnhäusern wird der Lebensalltag vorgestellt, ein Fischerhaus, ein Bauernhaus, das Wohnhaus eines Handwerkers; hier sind Gegenstände des Alltags zusammengestellt auf eine Weise, als würde in den Räumlichkeiten noch gelebt. In der Windmühle, die auf dem Gelände steht, wird noch Korn gemahlen.









In einem Durchgang liegen nicht nur Überreste von Schiffsmotoren, sondern auch von Flugzeugmotoren aus den Weltkriegen – auch das prägte den Lebensalltag auf der Insel.




Am umfangreichsten ist die Sammlung verständlicherweise dort, wo es um Fischerei, Meer und Strand geht. In einer Scheune ist ein ziemlich gut erhaltenes hölzernes Schiff aus dem 19. Jahrhundert ausgestellt. Daneben befinden sich gut ausgestattete Arbeitsräume, die von einer kleinen Werft erhalten sind, die den Eindruck machen, dass hier ohne Probleme in den nächsten Wochen ein neues Holzschiff entstehen könnte.






Aber die wirkliche Überraschung ist die Sammlung von Strandgut. Eine nicht gerade kleine Scheune voller Gegenstände, die am Strand gesammelt wurden – was da alles gefunden wurde und hier zu sehen ist, ist unglaublich, Fischernetze, Bojen, Fahrräder, Surfbretter, Taucheranzüge, Feuerlöscher, Flaschen samt Flaschenpost, Stühle, Bänke, Kinderspielzeug, Kleidung und was auch immer, und vor allem Müll.





Die Scheune ist randvoll gefüllt, und doch stehen hier nur die eher besonderen und neueren Gegenstände, erfahren wir – der Großteil dessen, was an den Stränden von Texel gesammelt wird, vor allem Plastik, geht ins Recycling.


Was wäre eine Insel mit Fischerbooten, wenn man nicht irgendwo frischen Fisch probieren könnte. Wir sind nicht nur früh am Morgen, sondern auch noch an einem Sonntag auf Texel angekommen. Nach drei erfolglosen Versuchen entdecken wir etwas abseits doch noch ein Fischgeschäft, und das öffnet gerade. Und wie erwartet gibt es eine super Auswahl leckeren Fisch, auch zubereitet. Wir entscheiden uns für ein Stück gebackenen Schellfisch, als Vorspeise zwei Matjes. Hervorragend. Und besser kann ein Schellfisch eigentlich kaum schmecken – leckerer, saftig-glasig gebackener Fisch in knuspriger Panade … Hunger haben wir überhaupt nicht mehr – aber gerade werden noch kleine Rotbarsche filetiert, also noch ein Häppchen zum Nachtisch …




Am Hafen ist an diesem Sonntag noch ein Oldtimer-Treffen. Also noch ein paar alte Fahrzeuge angeschaut – einige darunter mit Erinnerungswert. Interessant ist auch die alte Dampfmaschine, die zwar nicht gerade passend zu den Oldtimern, aber doch präsentiert wird. Wir vermuten, dass diese einmal zur Entwässerung eingesetzt wurde. Noch ein kleiner Spaziergang am Deich, und schon führt der Weg wieder zurück zum Tenderboot.









Es geht zurück nach Bremerhaven – unsere Kreuzfahrt entlang des Ärmelkanals mit der MS Deutschland geht dem Ende zu.

Wir waren unterwegs mit einem „Klassiker“, einem Schiff, das sich als solches noch zu erkennen gibt, zu Zielen, die nur mit einem kleinen Kreuzfahrtschiff zu erreichen sind – nicht mit einer schwimmenden Ferienanlage für viele tausend Personen, mit angeschlossenem Freizeitpark.

Wer Interesse hat an Land und Leuten, wird nicht umhin kommen, mit einem solchen Schiff zu reisen – und wird begeistert sein, was alles auf einer solchen Kreuzfahrt erlebt werden kann.
Tipps für alle, die sich weiter informieren wollen:
– Phoenixreisen und die MS Deutschland
– Bericht über die MS Deutschland
– Sehenswürdigkeiten auf Texel
– das Freilichtmuseum in Oudeschild Kaap Skil
– leckeren Fisch gibt es im Viswinkel
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