Entlang des Ärmelkanals mit der MS Deutschland – Bericht 8
In der Morgendämmerung wachen wir auf, an den Ufern der Seine stehen noch die Morgennebel. Im Morgenlicht geht es schnell auf die Mündung der Seine zu.

Von Quilleboif-sur-Seine aus, einem der kleinen Orte, an denen wir noch vorbei kommen, ist bereits der Pont de Tancarville zu sehen, lange Zeit die einzige Verbindung über die Seinemündung, zwischen dem Osten und dem Westen der Normandie.






Nur etwas weiter abwärts folgt der Pont de Normandie, die Hängebrücke, die die Seinemündung überspannt, die 1995 eröffnet wurde und immer noch zu den längsten Brücken Europas zählt.

Vorbei an den vielen Industrieanlagen, die sich hier vor Le Havre entlang der Seine versammeln, führt unser Weg unter den Brücken hindurch, und dann legt die MS Deutschland an unserem nächsten Ziel an, in Honfleur. Morgens geht es auf Ausflug in die Region, und am Nachmittag werden wir noch ein wenig durch Honfleur schlendern.





Wieder einmal sind wir dabei auf einer Panoramafahrt, die vom Schiff aus angeboten wird. Mit dem Bus geht es vorbei am Stadtrand von Honfleur, am alten Hafen, in Richtung Trouville und Deauville, zwei Orte an der Mündung der Touques ins Meer, zwei Orte mit höchst unterschiedlicher Tradition, beide direkt an der Mündung, die eine östlich, die andere westlich. Trouville-sur-Mer ist eine eher typische Arbeiter- und Fischerstadt mit breitem Stadtstrand, passend der kleine Fischmarkt, eher merkwürdig anmutend das große Casino am Strand.



So richtig viel gibt es in diesem Ort nicht zu sehen – er begeistert ganz sicher diejenigen, die einen richtig langen, breiten Strand für ihre Ferien bevorzugen. Wir waren mehr amüsiert darüber, dass sich das Städtchen eher humorvoll zeigt, sichtbar an den überall hängenden Plakaten. „Humor de Trouville“ – die Meerjungfrau mit dem Krokodil, „Bal des Affiches“ – der Tanz mit der Kuh, oder der in Szene gesetzte Badestrand, bei dem die auf den Knien sitzende Möwe voller Überzeugung „Trouville“ kreischt.



Wir sind auf Panoramafahrt, daher muss eine Viertelstunde am Strand von Trouville genügen, um etwas auf und ab zu gehen, die Pause aber eher gedacht für diejenigen, die andere Bedürfnisse haben.

Das am anderen Ufer liegende Deauville zeigt sich entlang der Uferpromenade eher mondän mit eleganten Stadtvillen, die typische Seebad-Architektur aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Von der mehr mittelalterlich geprägten Innenstadt mit ihren Fachwerkhäusern sehen wir wenig, da wir ja auf Panoramafahrt sind, nur die Küstenstraße entlang fahren. Überhaupt gibt es von diesem Ausflug nur wenige gute Fotos – unser Bus rauscht an all den Sehenswürdigkeiten vorbei. Wie beliebt der Ortes als Urlaubsziel ist, lässt sich unschwer im Stadtausgangsbereich entlang des Strandes erkennen, wo sich ungewöhnlich riesige Wohnblöcke für den etwas anspruchsvolleren Massentourismus aneinander reihen. So richtig überlaufen ist der Ort anscheinend immer im September – denn nicht nur Cannes bietet Filmfestspiele, sondern auch Deauville, beide sind die wichtigsten Frankreichs. Beim Filmfestival Deauville werden zehn Tage lang rund um die Uhr Filme gespielt, wie nirgendwo sonst in der Welt – und dann finden sich hier Stars wie Pierce Brosnan, Julia Roberts, Kristen Steward, Brad Pitt oder Jonny Depp ein.




Etwa eineinhalb Stunden geht dann die Fahrt durch ein eher unspektaktuläres landwirtschaftliches Gebiet. Das einzige wirkliche Erlebnis – an einem Streckenabschnitt eine riesige Schafweide, meilenweit links und rechts der Strecke tausende von Schafen mit Lämmern. Vorbei geht es auch an einer der ältesten Kirchen der Normandie, wie unser Guide berichtet. Zeit, diese Kirche anzuschauen oder auch nur etwas langsamer an ihr vorbei zu fahren, ist nicht. Es geht nach Beuvron-en-Auge, ein Dorf, als eines der schönsten der Region angekündigt.

Die Tour führt uns hinein mitten in eine Region voller Apfelbäume, meist keine großen Anlagen mit Neupflanzungen, sondern mit unzähligen Streuobstwiesen. Hier entsteht Cidre, und es wird Calvados gebrannt. Beuvron-en-Auge ist tatsächlich ein netter Ort, vor allem Fachwerkhäuser, um einen Dorfplatz gruppiert, leider komplett präpariert für all diejenigen, die mit Reisebussen durch die Normandie gefahren werden. Kleine Restaurants, in denen vor allem Crepes angeboten werden, Souvenirläden, Cafès, etwas abseits noch ein Laden, der Cidre und Calvados anbietet, etwas weiter noch ein kleiner Bäcker.

Eine halbe Stunde Zeit – die einen essen den schnellen Crepe, wir kaufen lieber ein Baguette und etwas Cidre zum probieren ein, vom Apfelweinhof Desvoye, der in Beuvron-en-Auge einen Verkaufsstand hat. Er kommt aus dem Nachbarort Beufour-Duval, produziert auf dem Hof Cidre aus Äpfeln und Birnen – wir kaufen sowohl als auch, trocken und halbtrocken, zum vergleichen, möglichst bald. Für Zuhause gibt’s noch einen Calvados und einen Pommeau de Normandie, den süßen Aperitif, einem Mix aus zwei Dritteln frischem Apfelsaft und einem Drittel Calvados, der ein paar Jahre im Eichenfass lagern darf.



Auf der Autobahn geht es zurück zum Schiff. Was begeistert hat bei diesem Ausflug, das war unser französischer Guide, der mit einer riesigen Portion Humor über all das berichtete, was vorbei huschte, und der mit seiner Art, alles ernst und doch nicht ernst zu nehmen, eigentlich mehr noch französischen Lebensstil präsentierte.

Am Nachmittag ist noch Zeit für Honfleur, dem malerischen ehemaligen Fischerort an der Küste, jetzt eine der Touristenhochburgen der Region.

Immer, wenn man nach ein paar Jahren wiederkommt, hat sich eine der einst ruhigen schmalen Straßen wieder in einen höchst belebten Bereich gewandelt, mit Restaurants, Chocolaterien, Souvenirläden, Galerien, Cafès – und doch hat die Stadt es irgendwie geschafft, ihren Charme zu erhalten.







Das mag daran liegen, dass es eben nicht nur ein Touristenort ist; hier spielt sich noch Alltagsleben ab, nicht nur in Seitenstraßen oder Außenbezirken, sondern auch im Zentrum selbst. Wohnen in den mehr traditionellen kleinen und manchmal überraschend großen Gebäuden, und zwischen all dem, was auf Touristen ausgerichtet ist, auch mal eine Metzgerei, ein Bäcker, ein Fischgeschäft, ein Friseur, ein Haushaltswarenladen.



Wir schlendern zunächst durch die engen Gassen mitten hinein in die Stadt, vorbei am alten Hafen und am ehemaligen Stadttor, hoch auf die leichte Anhöhe zur Holzkirche aus dem 16. Jahrhundert, der Église Sainte Catherine, die älteste Frankreichs, mit dem separat stehenden hölzernen Glockenturm.



Aber dann geht es schnell hinaus aus dem Touristentrubel, in eine der kleinen ruhigen Nebenstraßen, in der die Gebäude mindestens genau so schön sind wie in den Straßen, in denen man sich oft einen Weg durch die Menschenmenge suchen muss.

Eine Seitenstraße weiter kommen wir an einer Schule vorbei und sind dann in der Stadtstraße, die sichtbar den Einheimischen gehört. Hier werden Kinderwägen geschoben, hier wird für den täglichen Bedarf eingekauft, hier sitzen Menschen in ganz traditionellen kleinen Bars.

Wir bestaunen die Auswahl in einem Käsegeschäft, vor allem die Vielfalt an Ziegenkäse. Von dem, was in der Auslage einer Metzgerei liegt, sind wir begeistert – ein paar kleine Stücke Wurst und Pastete werden zum Probieren gekauft. Und noch ein wenig weiter – eine Patisserie mit vielen Leckereien, an denen man einfach nicht vorbeigehen kann.

Ein paar Häuser weiter bestaunen wir die Auslage der Poissonnerie Les Embruns; gerade wird in den typisch blauen Plastikkisten von einem Fischer noch angeliefert. Hier liegt frischer Fisch in riesiger Vielfalt – dazu Krabben, Krebse, Garnelen, Shrimps, verschiedenste Muscheln und Austern, Schnecken, auch einige Dinge zum direkten Verzehr. Irgendwie verständigen wir uns im Laden mit dem Verkäufer so, dass er für ein schnelles Picknick zwischendurch den Pulposalat und die Austern für tauglich hält. Schwierig mit den Austern, so ohne Werkzeug … Wir kaufen ein Schälchen mit Pulposalat, und die Austern öffnet er uns im Laden vorsichtig und legt sie in einen Behälter, so dass möglichst wenig überschwappt. Wieder ein paar Häuser weiter, auf der Bank vor der Musikschule, wird alles verzehrt. Brot oder andere Beilagen nicht erforderlich. Hervorragend …

Ein schöner Abschluss eines durchwachsenen Tages. Unser nächster Aufenthalt wird wieder städtischer – über Nacht geht es weiter auf dem Ärmelkanal, und am nächsten Morgen werden wir die Schelde hinauffahren, mal wieder Fluss, bis hinein nach Antwerpen.



Tipps für alle, die sich weiter informieren wollen:
– Phoenixreisen und die MS Deutschland
– Bericht über die MS Deutschland
– Pont de Normandie über die Seinemündung
– Sehenswürdigkeiten in Honfleur
– Eglise Sainte Catherine und ihr Glockenturm
– Filmfestival Deauville
– Fachwerkdorf Beuvron-en-Auge
– Cidre und Calvados vom Apfelweinhof Desvoye
– Fisch von der Poissonerie Embruns
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