Gartenlandschaft und Tempel, Land und Leute
Vietnam- und Kambodscha-Reise,
Bericht 23
Ein erlebnisreicher Tag in Huè liegt hinter uns. Sehr früh am morgen werden wir geweckt. Wir hätten es noch gut ein paar Tage im komfortablen Hotel Saigon Morin ausgehalten, und vor allem in der Stadt. Aber nach dem Frühstück geht es weiter, mit unserem Kleinbus in Richtung Südvietnam – der Wolkenpass ist zu überwinden, die Wetterscheide zwischen dem Norden und dem Süden Vietnams – und davor ist natürlich noch eine Tempelanlage anzuschauen.

Langsam scheint die Stadt aufzuwachen. Noch ist es nicht richtig hell geworden, und der Himmel ist auch wolkenverhangen – wir hoffen, dass sich das noch ändern wird, bis wir hoch oben in den Bergen über den Wolkenpass fahren werden.
Zunächst fahren wir wieder einmal durch einen typischen Außenstadtbereich mit einem bunten Durcheinander an Ladengeschäften, Wohnhäusern, Tempeln, Handwerksbetrieben und Restaurants. Vor vielen Häusern fallen wieder die kleinen Hausaltäre auf.








Dann kommen schnell wieder landwirtschaftliche Flächen – Felder mit Reis, Zuckerrohr, dazwischen auch mal Erdnüsse und einige kleine Bananenplantagen. Einige der Reisfelder stehen unter Wasser; auf anderen wird bereits geerntet. Häufig sind Fischteiche zu sehen, und auf kleinen Flüssen, die wir queren, und Seen, sehen wir etliche Fischerboote.





Verstreut liegen zwischen all den Feldern und Gewässern kleine Dörfer: Wir kommen durch einige hindurch; durchwegs sind es einfachere Dörfer mit Werkstätten, Läden und Restaurants. Irgendwann entdecken wir im Vorbeifahren ein Brautmodengeschäft, das im Nirgendwo zwischen Büschen und Bäumen zu liegen scheint.





Leider ist es bei der Fahrtgeschwindigkeit kaum zu schaffen, ein ordentliches Foto von einer der kleinen Farmen an der Straße zu machen, mit den kleinen Wohnhäusern, Tierställen, Ziegen und Hühnern und stets auch einem Hausaltar – daher gibt es dazu hier ein nur ziemlich unscharfes Foto. Unser Reiseleiter meint, es gäbe keine Zeit anzuhalten, die Strecke sei für heute insgesamt sehr lang, hätte einige Unwägbarkeiten, und man müsse ja am Abend im Hotel in Hội An ankommen.


Weit geht die Fahrt allerdings noch nicht. Bei Huè, etwa 12 Kilometer außerhalb der Stadt, wo die beiden Flüsse Ta Trach und Huu Trach zusammenfließen und zum Parfümfluss werden, können wir uns noch ein imposantes Mausoleum von Minh Mang ansehen. Dieser zweite Kaiser aus der Nguyen-Dynastie ließ die Anlage zu Beginn des 19. Jahrhunderts erstellen. Es soll eines der schönsten Mausoleen sein, die in Vietnam gebaut wurden.





Unser vietnamesischer Reiseleiter erklärt viel – aber es ist auch ziemlich anstrengend, da er ein ziemlich seltsam betontes Deutsch spricht, dem man kaum mehr anhört, dass er einige Jahre in der DDR gelebt hat. Wir stehen vor dem Haupttor, dessen mittlerer Eingang wie es heißt nur ein mal vor etwa zwei Jahrhunderten geöffnet war, um den Sarg des Königs ins Mausoleum zu bringen. Hinein geht es für uns durch einen der Nebeneingänge – und drinnen fasziniert uns zunächst einmal der Gesamteindruck der die Anlage, die wie eine große Gartenlandschaft geplant und in die Gegend eingepasst ist.
Gleich beim ersten Tempel fällt auf, dass die mittlere Tür, die dem Kaiser vorbehalten war, auch jetzt geschlossen ist; wir müssen nicht ganz außen rum gehen, und dürfen immerhin durch eines der beiden Seitentore gehen, die einst den Mandarinen und hohen Würdenträgern vorbehalten waren.

Vor uns liegt der lange, zentrale Weg in der komplett nach Feng Shui Prinzipien am Mount Cam Ke erstellten Anlage – er führt geradeaus über mehrere Hügel, auf denen kleine Tempel stehen, die man auf dem Weg zum Grabmal durchschreitet; es geht treppauf, treppab direkt auf das Grabmal zu. Vom Eingang bis zum Mausoleum misst diese Achse immerhin etwa 700 Meter. Links und rechts der Wege und auf den Plätzen stehen steinerne Mandarine, Pferde und Elefanten.





Die Wege durch die Gartenlandschaft führen zu vielen kleinen und größeren Gebäuden – Paläste, Tempel, Tore, Pavillions und zum Grabmal. Etwa vierzig Gebäude sollen es sein; wir haben nicht nachgezählt. In einigen der Gebäude sind Gegenstände ausgestellt, Skulpturen, Vasen, Geschirr, Schrifttafeln und in Vitrinen Briefe, Siegel und Münzen.





Viele Treppen sind zu überwinden, egal welchen Weg man einschlagen mag. In den Senken liegen kunstvoll angelegte Teiche mit Lotusblumen, rundum sehr alter Baumbestand, alles aufeinander abgestimmt. Je weiter es hinaufgeht auf die Anhöhen, auf denen die Pavillons oder Tempel stehen, desto schöner zeigt sich im Überblick die Gartenanlage, aber nicht insgesamt, sondern fast mit jedem Schritt mit neuer Perspektive.





Vom letzten der kleinen Tempel oben auf der Anhöhe führen die Treppen wieder hinab zu dem See, der vor dem eigentlichen Mausoleumsgebäude liegt. Wieder ist alles prächtig gestaltet mit Palmen, Büschen und vielen blühenden Blumenstauden. Über eine Brücke geht es über den See, bis zu einer Mauer mit verschlossenem Tor. Würde man dieses durchschreiten können, ginge es 333 Stufen hinauf zum Grabmal.



Wieder einmal hören wir davon, und können auch erkennen, dass die ganze Anlage voller Symbolik steckt. Während man als Besucher einfach einen herrlichen Naturgarten mit Mausoleum, Tempeln und kleinen Palästen erblickt, die schön um eine zentrale Achse angelegt sind, sieht derjenige, der sich mit den Traditionen Vietnams auskennt, weit mehr. So sind eingebettet in die grünen Bereiche quadratische oder rechteckige Plätze eingefügt, die die Erde symbolisieren sollen und Anbetungsgebiete des Königs sind – ruhend auf der einstigen Annahme, der Himmel sei rund und die Erde quadratisch. Einige kleinere Gebäude um einen Tempel herum sind angeordnet wie Planeten, die sich um die Sonne drehen. Oder der See vor dem Mausoleum, vor dem wir gerade stehen, ist nicht nur schön anzusehen, sondern hat Bedeutung. Er ist halbmondförmig angelegt, symbolisiert Yin, und die zugeordnete Mauer steht für Yang – für entgegengesetzte und dennoch aufeinander bezogene Kräfte oder Prinzipien, die sich ergänzen und miteinander im Einklang stehen.


Natürlich sind überall Drachen zu sehen, aus Stein, auf den Dächern bunt bemalt aus Holz, oder auch goldglänzend auf Altären und Stelen. Hätte man die Möglichkeit, die Anlage aus Vogelperspektive betrachten, würde man einen Körper mit Flügeln erkennen – von den Hügeln aus kann man das zumindest erahnen. Würde man von noch weiter oben schauen und die Umgebung einbeziehen können, würde das Mausoleum, quasi der Kopf der Anlage, auf dem Berg ruhen.





Es geht wieder heraus aus der beeindruckenden Anlage. An einem der Tempel wird renoviert. Draußen, am Busparkplatz, wird so allerhand verkauft, nicht nur Souvenirs, sondern auch neue und alte Dinge für den alltäglichen Hausgebrauch. In all den Läden stehen eher improvisierte Kochstellen, daneben die uns schon bekannten kleinen Plastikstühle und Plastiktische, so dass die Versorgung sichergestellt ist. In einem der kleinen Restaurants sehen wir gleich drei der typischen Hausaltäre – Rohbau-Versionen zum selbst bemalen kann man an vielen Straßenverkaufsständen sehen.





Angekommen beim Bus. Unser Busfahrer hat Pech – er fährt nur einen Kleinbus. Andere Busfahrer verbringen die Wartezeit an ihrem Lieblingsplatz – der Hängematte im Gepäckraum des Busses.

Es geht weiter. Im nächsten Reisebericht wird es um unsere Fahrt hoch zum Wolkenpass gehen, und von dort nach Đà Nẵng, in eine der modernsten Städte Vietnams.
(#Vietnam)